Brandenburg lädt zur Landpartie ein: Offene Stalltore und offene Fragen
Bauernhöfe und Käsereien laden am 11. und 12. Juni zum Schauen und Kosten ein. Ein Problem sind die Lieferketten zwischen Berlin und Brandenburg.
Das Interesse an einer regionalen Versorgung ist durch Pandemie und Krieg deutlich gewachsen, belegt ein Ernährungsreport des Bundeslandwirtschaftsministeriums. 82 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen dieser Aspekt beim Essen wichtig sei. „Wir brauchen eine robuste, wenig importabhängige, regionale Land- und Ernährungswirtschaft, die Artenvielfalt, die natürlichen Lebensgrundlagen und unser Klima achtet und bewahrt“, fordert Brandenburgs Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Axel Vogel.
Die Realität sieht allerdings anders aus. Nur etwa 15 Prozent der Lebensmittel, die in Berlin konsumiert werden, stammen aus Brandenburg. Dabei würden Äcker und Felder in einem Radius von gut 100 Kilometern ausreichen, um die Hauptstadt mit Lebensmitteln zu versorgen, hat das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg ausgerechnet. Das meiste, was in Brandenburg produziert wird, landet jedoch auf dem Weltmarkt. Die Polititk hat das Thema Ernährungssicherheit in den vergangenen Jahrzehnten Weltkonzernen überlassen.
So kommt der allergrößte Teil der Lebensmittel bereits stark verarbeitet in den Läden an: Wer Smarties oder S.Pellegrino, Maggi-Brühwürfel, Wagner-Pizza oder Thomy-Senf in den Einkaufswagen packt, macht Nestlé ein bisschen reicher. 85 Prozent des Lebensmittelverkaufs läuft über die großen Supermarktketten Edeka, Aldi, Lidl und Rewe – und die werden aus Zentrallagern beliefert.
„Deutlicher Nachholbedarf“
Zwar ist es ProAgro gelungen, dass Rewe ein Regionalfleisch-Programm mit der Eberswalder Wurst GmbH aufgebaut hat. Doch dominiert wird der Fleischmarkt gegenwärtig von Großkonzernen wie Tönnies und Wiesenhof, die extremen Preisdruck auf die Mastbetriebe ausüben.
„Auf politischer Ebene gibt es deutlichen Nachholbedarf, was die Zusammenarbeit von Brandenburg und Berlin angeht“, sagt Kristin Mäurer von Pro Agro. Das Landwirtschaftsministerium in Potsdam hat im Januar rot-weiße Regionalsiegel eingeführt, die sowohl konventionell als auch ökologisch wirtschaftende Betriebe nutzen dürfen. „Berlin könnte die Entwicklung vorantreiben, indem bei der Ausschreibung von Kantinenleistungen die Regionalität der Zutaten verlangt wird“, so Mäurer. Beim kostenlosen Essen für Berliner Grundschüler*innen sind bisher nur Biozutaten vorgeschrieben – woher sie kommen, ist egal.
Markus Kamrad, Berliner Staatssekretär für Verbraucherschutz und Umwelt, bezeichnete das Brandenburger Qualitätssiegel kürzlich als „sehr guten Einstieg“. Allerdings müsste Brandenburg auch in der Lage sein, größere Mengen zu liefern.
Bei der vom Ernährungsrat Berlin vor einigen Jahren initiierten Regio-Woche für Schulessen hatte sich gezeigt, dass es in ganz Brandenburg keinen Kartoffelschälbetrieb gab. Das hat sich zwar geändert. Doch die Stadt-Land-Verbindungen sind noch schwach. Dabei ist Berlins Bedarf nach regionalen Produkten risieg, Brandenburgs Lieferpotenzial auch. Entwickeln lassen sie sich nur gemeinsam.
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