Brandanschlag: Knast für eine Fehlzündung
Aus Wut über Polizisten versucht, die Tür der Davidwache anzuzünden: 22-Jähriger aus der Punkszene zu 16 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.
"Es war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee - Sie versuchten das Gebäude anzustecken, auch wenn's nicht funktioniert hätte", sagt Amtsrichter Thomas Semprich in seiner Urteilsbegründung - und verdonnert den 22-jährigen Fredrick S. zu 16 Monaten Haft ohne Bewährung - wegen versuchter schwerer Brandstiftung. Der Obdachlose hatte am 5. April dieses Jahres, mitten am hellichten Tag um 16.30 Uhr, versucht, die hölzerne Eingangstür der Davidwache auf der Reeperbahn in Brand zu stecken.
Fredrick S. bestreitet die Tat nicht. "Ich wollte die Tür anstecken, aber nur die Tür", sagt er. "Ich wollten ihnen zeigen, dass es so nicht geht", begründet er seinen Schritt. Denn immer wieder sei er, der als Straßenkünstler aus der Punkszene seinen Lebensunterhalt durch "jonglieren und schnorren" verdient hatte, von Polizisten der Davidwache "kontrolliert und durch Platzverweise schikaniert" worden.
Am Ostermontag sei er dann spontan - er hatte mit Kumpels viel Alkohol getrunken und gekifft - zur Tankstelle Taubenstraße gegangen, habe sich eine Flasche Brennspiritus besorgt und die Flüssigkeit vor das Eingangsportal der Polizeiwache gegossen.
Noch bevor S. ein Streichholz anzünden kann, wird er von Beamten der Davidwache überwältigt, die wegen eines Knalls auf ihn aufmerksam geworden sind und ihn über die Monitore der Videoüberwachung vor der Tür hockend mit Streichhölzern hantieren sehen.
Nach seiner Festnahme soll S. das Zündeln verteidigt haben, berichten mehrere Polizisten im Zeugenstand. "Er sagte sowas wie: ,Das ist erst der Anfang, das geht noch weiter, es kommen noch andere'", berichtet Polizist Christian B. Oder: "Beim nächsten Mal weiß ich wie man es richtig macht", erinnert sich Polizist Michael S. Er habe sich "enttäuscht gezeigt, dass es nicht geklappt hat und dass die Wache nicht abgebrannt" sei.
"An solche Äußerungen erinnere ich mich nicht mehr, weil ich zu betrunken war", erwidert Fredrick S. In der Tat sind bei ihm 2,1 Promille festgestellt worden, weshalb der Gutachter von einer "erheblich verminderten Schuldfähigkeit" ausgeht. Bis zuletzt bestreitet S. aber, dass er durch die Brandstiftung, die er heute als "Fehler und Schwachsinn" bezeichnet, das Gebäude habe in Brand setzen wollen. "Ich wusste, dass hinter der Tür eine Steintreppe ist und nichts aus Holz, was brennt."
Doch das Schöffengericht um Semprich glaubt ihm das nicht. "Es tut mir leid, das ist für mich eine reine Schutzbehauptung", sagt Semprich. "Feuer zu kontrollieren, ist schwer." Bei ihm habe aus "Wut auf Polizeibeamte" der Vorsatz bestanden, "dass das riesige Gebäude in Flammen aufgeht, auch wenn es nicht geklappt hätte, weil der Brennspiritus verpufft wäre".
Da Fredrick S. erst vier Wochen vor der Tat eine Jugendstrafe verbüßt hat und bereits mehrfach wegen Straftaten im Vollrausch von Jugendrichtern ermahnt worden ist, wollte Richter Semprich die 16 Monate Haft nicht zur Bewährung aussetzen.
Deshalb wird Fredricks S. Verteidigerin Alma Diepold gegen das Urteil Berufung vorm Landgericht einlegen. Sie hatte sich vehement für eine Bewährungsstrafe eingesetzt, um dem noch jungen S. eine Chance für einen Neuanfang einzuräumen. Er hat sich wegen seines Alkoholproblems inzwischen in Therapie begeben und einen festen Wohnsitz bei einem Träger für betreutes Wohnen gefunden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!