Brandanschlag auf Moschee in Stuttgart: Ein Echo aus der Türkei
Nach der Attacke deutet viel darauf hin, dass die Täter aus dem PKK-Umfeld stammen. Migrantenverbände warnen vor kurdisch-türkischen Spannungen.
Im Internet bekennt sich am Mittwoch ein „Baran-Dersim-Rachekommando“ zu dem „Angriff mit Molotowcocktails“, wie es auf der Webseite rojaciwan.com heißt. Die Gruppe kündigt weitere Anschläge gegen türkische Einrichtungen an, solange der seit 16 Jahren in der Türkei inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan nicht freigelassen werde.
Die Polizei prüft noch, ob das Bekennerschreiben echt ist. Am Abend vor dem Anschlag habe es aber am anderen Ende der Stadt eine Spontandemo von etwa 25 Kurden vor dem türkischen Konsulat gegeben. Nicht auszuschließen sei, dass die Spur in diese Richtung weise.
Auch der Sprecher von Civaka Azad, des Kurdischen Zentrums für Öffentlichkeitsarbeit, sagte der taz, er gehe davon aus, dass es sich um „kurdische Jugendliche“ gehandelt habe. Eine Verantwortung der verbotenen PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) schloss er aus, denn die PKK habe die „ganz klare Linie, in Europa keine gewaltsamen Aktionen“ zu verüben, er vermute eine „spontane Tat“. Der Name der Gruppe, die sich nach einem verstorbenen PKK-Kämpfer benannt hat, deutet aber zumindest auf PKK-Nähe hin.
Stuttgarter Kurdenvereine verurteilen die Tat
Entsetzt reagierte Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „So was sind abscheuliche Taten“, sagte er. Man werde alles tun, um die Täter zu ermitteln. Mehrere kurdische Vereine in Stuttgart verurteilten den Anschlag. Hetav Tek von Komkar, dem überregionalen Verband der Vereine aus Kurdistan, sagte: „Gotteshäuser dürfen niemals zur Zielscheibe werden, und Gewalt lehnen wir aus Prinzip ab.“ Sie sprach von einer „Provokation“.
Doch sie befürchtete, dass der Konflikt aus der Türkei nach Deutschland ausstrahlen und Auseinandersetzungen zunehmen könnten. „Es braucht einen langfristigen Dialog zwischen türkischen und kurdischen Verbänden, religiösen und nichtreligiösen“, forderte Tek. Die deutsche Politik solle das unterstützen.
Im Südosten der Türkei geht die türkische Armee derzeit mit großer Härte gegen die PKK vor. 24 Menschen wurden dort in den letzten Tagen getötet, darunter mindestens ein Zivilist. Über mehrere Gebiete wurde eine Ausgangssperre verhängt, darunter im Viertel Sur in der Stadt Diyarbakır. Mehr als 10.000 Bewohner haben das Viertel wegen der Kämpfe dort verlassen.
Schon im September warnte das Landeskriminalamt in einem Lagebericht, auch in Deutschland sei „in Teilen der PKK-Anhängerschaft die Bereitschaft“ erkennbar, „militante direkte Aktionen“ zu planen.
Im September hatten Unbekannte in Münster versucht, mit Molotowcocktails das türkische Generalkonsulat in Brand zu setzen. Anfang Dezember wurde die türkische Botschaft in Stuttgart mit Farbbeuteln beworfen. Und erst am Donnerstag stürmten 15 kurdische Demonstranten den Landtag in Düsseldorf und veranstalteten eine Sitzblockade.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands