Brand in Autonomen Jugendhaus: Rechte Attacke auf Jubiläumsfeier?
Teile des Autonome Jugendhauses in Bargteheide wurden durch ein Feuer zerstört. In der Vergangenheit gab es mehrere Angriffe von Rechtsextremen.
![Feuerwehrleute bei Löscharbeiten im Garten des Jugendhauses. Feuerwehrleute bei Löscharbeiten im Garten des Jugendhauses.](https://taz.de/picture/7031435/14/image-123650291-2--1.jpeg)
D as Sofa ist Asche, einzelne Holzträger sind stark verkohlt. Die Sitzhütte und ein Zaun am Autonomen Jugendhaus (AJH) im schleswig-holsteinischen Bargteheide wurde durch das Feuer zerstört. Die angebrannten Bäume auf dem Gelände bezeugen, dass die Flammen mehrere Meter hoch waren, sagt die Freiwillige Feuerwehr. Alles deutet auf einen Brandanschlag gegen das linke Zentrum hin.
„Das regnerische Wetter hat wohl Schlimmeres verhindert“, sagt die Aktive aus dem Jugendhaus, die den Brand zuerst entdeckte. In der Nacht zu 26. Mai verübten bisher unbekannte Täter*innen den Anschlag. Der Zeitpunkt scheint nicht zufällig gewählt. Das AJH wurde in dieser Nacht 40 Jahre alt. Der Vorstand plant zusammen mit Jugendlichen vom 7. bis 9. Juni ein großes Sommerfest. Geplant sind Workshops und Graffiti-Flächen. Motto des Festivals: „Auch nach 40 Jahren kein Bock auf Nazis! No Racism! No Sexism! Just Dance!“
Am Abend des Anschlages saßen gerade Aktive im Haus zusammen, um das Festival zu planen. „Vor dem Abschließen gingen diese wie üblich nochmals über das Gelände, um sicherzustellen, dass nichts vergessen wurde“, sagt ein Vorstandmitglied. Am nächsten Tag sei sofort aufgefallen, dass viele Gegenstände nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz standen. Eine Feuertonne, die am Vortag noch genutzt und anschließend gelöscht wurde, lag umgekippt nahe dem Brandort.
Das Vorstandsmitglied sagt, dass sich die „mutmaßliche Brandstiftung in eine ganze Reihe vom Übergriffen auf das Jugendzentrum“ einreihen würde. Schon 2019 waren rechtsextreme Symbole und Parolen hinterlassen worden. In der Nacht zum 3. Februar dieses Jahres griffen etwa 15 Rechtsextreme das Zentrum an. Einige Tage nach einer Demonstration gegen Faschismus, Antisemitismus und Rassismus drangen sie gegen 21.30 Uhr auf das Gelände ein, belagerten den Containerkomplex, warfen Böller und griffen Personen an. Die Polizei nahm anfänglich keine Ermittlungen auf.
Mangelnden Ermittlungswillen meint die Aktive nun erneut bemerkt zu haben. Nachdem sie den noch qualmenden und glühenden Brand am Sonntag gegen 13 Uhr entdeckt hatte, traf bald die Polizei ein. „Sie wirkten nicht sehr interessiert“, sagt sie der taz. Am Mittwoch habe die Kriminalpolizei aus Ahrensburg allerdings die Ermittlungen aufgenommen, berichtet das Vorstandsmitglied.
Die Kommunalpolitik schenke dem AJH keine große Aufmerksamkeit, meint die Aktive. Dabei gab es im vergangenen Jahr in Schleswig-Holstein so viele rechtsextreme Gewalttaten wie noch nie. Das sagt Felix Fischer von Zentrum für Betroffene rechter Gewalt – kurz Zebra. 2022 erfasste das Monitoring des Zebras 104 Vorfälle, 2023 waren es 136. 187 Menschen waren betroffen.
„Der Anteil der betroffenen Kinder und Jugendlichen ist mit rund 20 Prozent weiterhin besorgniserregend hoch“, sagt Fischer. Der mutmaßliche Brandanschlag zeige eine „Kontinuität von Angriffen von rechts, bei denen Menschen, die sich für ein demokratisches, offenes Miteinander einsetzen, zur Zielscheibe werden“ ein, sagt auch eine Mitarbeiterin des Regionalen Beratungsteams Lübeck. Umso wichtiger ist Solidarität.
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