Boris Becker und die Medien: Dumm und hässlich
Er konnte passabel Tennisspielen, aber das kann eine auf dreihundert Sachen eingestellte Ballkanone auch. Es wird Zeit, dass Becker sich besinnt.
Am Anfang war das „Äh …“. So stelle ich sie mir jedenfalls vor, die neue Biografie von Boris Becker: „Das Leben ist kein Spiel.“ Selber gelesen habe ich sie nicht, zugegebenermaßen, was aber auch nicht nötig war, da der gesamte Inhalt (ein halber Gedanke auf 300 Seiten breitgetreten wie der Dünnschiss eines Rottweilers auf einem Bürgersteig) bereits – Aufschlag/Return – zwischen Becker und Oliver Pocher mehrmals hin- und her getwittert, anschließend in der Bild-Zeitung aufbereitet und diese Aufbereitung in der Bürgerpresse kommentiert wurde.
Was angesichts der beteiligten Protagonisten kaum Wunder nimmt: Wir erfahren nicht viel. Dass das Bobele nicht nur von Ivan Lendl sondern auch von seiner Ex-Frau Barbara geschlagen wurde, ist weder überraschend noch einem der beiden auch nur im Geringsten zu verdenken. Wäre ich mit ihm verheiratet gewesen, hätte ich ihn garantiert umgebracht, wäre er auf dem Court mein Gegner gewesen, wäre ich übers Netz gehüpft, um ihm das Racket über den Bregen zu ziehen.
Enttäuscht, wie viele andere sich jetzt äußern, bin ich jedoch nicht von BB. Um von jemandem enttäuscht zu sein, muss man von der betreffenden Person zuvor eine hohe Meinung gehabt haben. Die hatte ich nie. Was nach meinen einführenden Sätzen keiner ahnen mag: Ich konnte ihn noch niemals leiden. Boris Becker fand ich schon als Siebzehnjährigen ausnehmend dumm und hässlich, als Siebenundzwanzigjährigen, als Siebenunddreißigjährigen und als Fünfundvierzigjährigen fucking ebenfalls.
Warum ihn irgendjemand jemals gut fand, ist mir völlig schleierhaft. Er konnte passabel Tennisspielen, okay, aber das kann eine auf dreihundert Sachen eingestellte Ballkanone ebenfalls – und die hat dazu die weit intelligentere und sympathischere Ausstrahlung. „Die Verdienste“ Beckers in höchsten politischen Dimensionen, über die Sven Goldmann im Tagesspiegel fabuliert: ein Luftschloss im Nebel. Es sei „billig, sich über Becker lustig zu machen“ lese ich dort weiter – das ist richtig, aber die Becker-Huren von der FAS wollten diesen Text nun mal nicht nehmen.
Dumm und hässlich zu sein, ist allein für sich natürlich weder Schande noch Verschulden. Als Altersgenosse weiß ich obendrein, wie schwer es manchmal fällt, in Würde und Schönheit zu altern. Man denkt, „Au Mann, was hängt da für eine schauerliche Karikatur von Rübezahl im Badezimmer“ und dann ist’s der Spiegel. Wiederholt verschüttet man beim Versuch, eine der nur noch in Sekunden zu messenden Erektionen zu erhaschen, den Knoblauchtee über Wärmeflasche und Blutdruckmessgerät. Die Zahnfee klopft mit dem Vorschlaghammer an die Tür und holt sich auch die zweiten Zähne.
Anlass genug also, sich ein wenig zu besinnen und zurückzuziehen, um den Frühherbst des Lebens aus sicherem Versteck heraus in Ruhe und Bescheidenheit ein kleines bisschen zu genießen. Und nicht, aufgedunsen und desolat als wanke man durch die letzen Tage im Führerbunker, sich und seinen erbarmungswürdigen Zustand zu verklären, für bedeutsam zu halten, halten zu lassen und auch noch als Medienereignis zu zelebrieren. Das ist wirklich dumm. Und hässlich.
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