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Bordellbetrieb auf SyltAn den Stadtrand verbannt

Eine Bordellbesitzerin wollte eine Ladenfläche im Zentrum Westerlands mieten. Ein Gericht hat nun den Betrieb dort verboten.

Statt eines Puffs hätten die klagenden Bewohner lieber einen Backshop im Haus. Foto: dpa

Niebüll taz | In der Innenstadt von Westerland darf kein Puff entstehen: Bis zu 250.000 Euro Bußgeld drohen dem Besitzer einer Ladenfläche, wenn er die 200 Quadratmeter in einem Apartmenthaus im Zentrum des größten Orts auf Sylt „zum Betrieb eines Bordells oder vergleichbaren Vergnügungsbetriebs“ vermietet, urteilte das Amtsgericht im nordfriesischen Niebüll am Mittwoch.

Der Anwalt Wolfgang Mattern, der die Wohnungsbesitzer im Apartmenthaus vertritt und gegen die Vermietung geklagt hatte, freute sich: „Das ist ein voller Sieg für uns.“ Die Formulierung des Gerichts schließe auch Nachtlokale, Sexshows oder eine Bar mit Animierbetrieb ein, sagte er der taz: „Wenn da eine leicht bekleidete Dame auftaucht, kommen wir mit dem Bußgeld.“ Bereits im vergangenen Jahr scheiterte der Versuch, einen „Edelpuff“ in Westerland anzusiedeln.

Im aktuellen Fall hatten der Vermieter und sein Anwalt argumentiert, es sei nur eine Schankwirtschaft geplant, also ein normales Lokal, und dies wäre zulässig. Unglaubwürdig fanden das die Mitbewohner im Apartmenthaus „Ankerlicht“. Denn die 67-jährige Mieterin der Ladenfläche betreibt das „Eve’s“, ein „Traditionsunternehmen“, so die Homepage, das seit über 33 Jahren dafür sorgt, dass sich Insulaner und Feriengäste „in gediegener Atmosphäre entspannen“ können.

So ging es im Prozess vor dem Amtsgericht Niebüll um die Frage, was für eine Art von Lokal in das Apartmenthaus einziehen könnte, also Schankwirtschaft oder Bordell. Der Vermieter selbst hatte während der Verhandlung erklärt, er sei nie im „Eve’s“ gewesen und wisse nicht, was dort passiere. Auch die Besitzerin des „Eve’s“ sieht in ihrem Lokal keinen Bordellbetrieb. Wie sie dem lokalen Sylter Spiegel erklärte, würden „die Mädels“ alle selbstständig und auf eigene Steuernummer arbeiten: „Sie können machen, was sie wollen.“

Lieber einen Bäcker im Haus

Als bekannt wurde, dass die Betreiberin sich im Apartmenthaus einmieten möchte, fürchteten die Nachbarn, der Nachtclub für einsame Herren werde vom Stadtrand Westerlands ins Zentrum verlegt. Die Wohnungseigentümer im Apartmenthaus, die teils selbst dort wohnen, teils an Feriengäste vermieten, sahen sich vom Besitzer der Ladenfläche getäuscht: Bei einem Treffen der Eigentümergesellschaft habe der berichtet, er wolle an einen Backshop und eine Arztpraxis vermieten.

Wenn da eine leicht bekleidete Dame auftaucht, kommen wir mit Bußgeld

Dieser Regelung stimmte die Eigentümerrunde zu. Gegen den möglichen Umzug des „Eve’s“ in das Haus unweit des Rathauses regte sich der Protest nicht nur von den direkten Nachbarn, sondern auch von Lokalpolitikern.

Dabei galt das „Eve’s“ noch im vergangenen Jahr, als die Insel sich gegen den Bau eines „Gentlemen’s Club“ wehrte, geradezu als Vorzeigebetrieb, die damalige Bürgermeisterin lobte das harmonische Miteinander. Damals wollte ein auswärtiger Bordellbetreiber einen „Nobelpuff“ auf der Nobelinsel bauen und kündigte an, das Etablissement werde edel und „gar nicht puffig“. Nachdem die Planungen bereits weit fortgeschritten waren und es auch schon Genehmigungen von Kreis und Gemeinderat gab, regte sich Widerstand. Schließlich zogen die Betreiber zurück.

Ob nun der Mietvertrag zwischen dem Besitzer der Ladenfläche und der Betreiberin des „Eve’s“ weiterbesteht, blieb gestern offen. Geklärt werden muss auch, wer Kosten für Umbauten trägt. Denn wie im Verlauf des Prozesses bekannt wurde, ließ die Mieterin bereits Badewannen montieren und Wände neu ziehen. Dafür gab es keine Baugenehmigung – der Kreis Nordfriesland stoppte die Arbeiten daher im Sommer.

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