Boom der Waffenindustrie: China rüstet vorne mit
Der Sipri-Rüstungsbericht registriert eine starke Zunahme der Waffenproduktion. Weil neue Daten vorliegen, sind nun Konzerne aus Fernost im Ranking dabei.
Mit 166 Milliarden Dollar entfallen allein 46 Prozent davon auf die Top Five, die US-Konzerne Lockheed Martin, Boeing, Northrop Grumman, Raytheon and General Dynamics. Zusammen standen 12 US-Konzerne auf der Top-25-Liste für 61 Prozent der Verkäufe.
War Rheinmetall im vergangenen Jahr noch auf Platz 22 gelistet worden, ist Deutschlands größter Rüstungskonzern nun trotz kräftig gestiegener Umsätze im Unternehmensbereich Defence aus der neuen Top 25 herausgefallen. Der Grund: Sipri hat nun genug Daten, um erstmals auf dieser Liste auch chinesische Waffenproduzenten zu führen.
Drei der vier – Aviation Industry Corporation of China, China Electronics Technology Group Corporation und China North Industries Group Corporation – platzierten sich auf Anhieb unter den Top Ten. Der einzige europäische Konzern ist hier nun die britische BAE Systems, die mit einem um 7,6 Prozent auf über 22 Milliarden Dollar gewachsenen Umsatz auf Platz 7 rangiert.
Erstmals ein Konzern aus dem Nahen Osten
Auch neu auf der Topliste ist erstmals ein Konzern aus dem Nahen Osten: Edge aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), der 2019 aus einem Zusammenschluss von 25 kleineren Rüstungsfirmen entstanden ist. Edge sei „ein gutes Beispiel dafür, wie die Kombination hoher nationaler Nachfrage nach militärischen Produkten und Dienstleistungen in Kombination mit dem Wunsch, unabhängiger von ausländischen Lieferanten zu werden, das Wachstum der Rüstungsunternehmen im Nahen Osten antreibt“, sagt Pieter Wezeman, Forscher beim Sipri-Militärausgaben-Programm.
Ähnlich sei auch das Wachstum der chinesischen Konzerne – plus 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr – zu erklären, meint der Sipri-Forscher Nan Tian: „Sie profitieren von einem umfassenden Modernisierungsprogramm der Volksbefreiungsarmee.“ Umgekehrt sei der kräftige Umsatzrückgang der russischen Konzerne, von denen sich nur noch Almaz-Antey und United Shipbuilding auf der Topliste platzieren, auf gewachsenen Wettbewerb und ein vermindertes Militärbudget zurückzuführen, sagt seine Kollegin Alexandra Kuimova.
In einem speziellen Rapport analysiert Sipri die Tendenz der Konzerne zur Etablierung von Tochtergesellschaften und Joint Ventures im Globalen Süden. Die Hoffnung auf besseren Zugang zu diesen Märkten sei ein Grund dafür, aber auch der Wunsch von Niedriglohnländern, „die versuchen, eigene Waffenproduktionsprogramme über den Technologietransfer durch ausländische Rüstungsunternehmen in Schwung zu bringen“, meint Sipri-Forscher Diego Lopes da Silva. Die vom Institut ermittelten Daten würden „Fragen zur Existenz und Struktur eines internationalen Netzwerks von Rüstungsunternehmen“ aufwerfen, schreibt Sipri. Hoffnung auf eine Schwächung der Rüstungslobby darf man sich also nicht machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind