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Boom der ErneuerbarenAus für Kohle und Atom

Weil der Anteil erneuerbare Energien wächst, wird Kohle- und Atomstrom immer unrentabler. Einige Stromkonzerne wollen deshalb Kraftwerke abschalten.

Neu trifft alt: Windräder vor dem Steinkohlekraftwerk Mehrum in Niedersachsen Bild: dpa

MÜNCHEN afp |Deutschlands Energiekonzerne und Stadtwerke prüfen laut einem Bericht die Abschaltung womöglich Dutzender konventioneller Kraftwerke im Zuge der Energiewende. Von etwa 90.000 Megawatt Erzeugungskapazitäten für Atom- oder Kohlestrom in Deutschland könnten bis zu 20 Prozent wegfallen, zitierte die Süddeutsche Zeitung vom Dienstag den Vorstand eines namentlich nicht genannten Versorgers.

Damit drohe Dutzenden von Kohle- und Gaskraftwerken das vorübergehende oder endgültige Aus. Selbst Atomkraftwerke könnten vorzeitig vom Netz gehen, berichtete die SZ unter Berufung auf Branchenkreise.

Bei der zuständigen Bundesnetzagentur seien bis Mitte Juli zwar erst 15 Anträge auf Stilllegung konventioneller Kraftwerke eingegangen, berichtete die SZ. Doch dies sei womöglich erst ein Anfang. Eon, Deutschlands größter Energiekonzern, habe zum Jahresbeginn entschieden, bis 2015 elf Kraftwerke in Europa stillzulegen. Dabei handle es sich in mehreren Fällen auch um Anlagen in Deutschland.

Daneben plant Eon, Ende 2015 sein gemeinsames Kraftwerk mit den Stadtwerken Kiel vom Netz zu nehmen, wie laut SZ ein Sprecher ankündigte. „Bei weiteren Kraftwerken wird die Entwicklung sorgfältig beobachtet“, zitierte die ZEitung eine namentlich nicht genannte Quelle.

Beim Essener Energiekonzern RWE stehen ebenfalls Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von mehreren tausend Megawatt auf dem Prüfstand, berichtete die SZ unter Berufung auf eine namentlich nicht genannte Quelle. Die Profitabilität der Anlagen werde untersucht. Entscheidungen seien aber noch nicht getroffen worden.

Bundesnetzagentur kündigt Widerstand an

Die Stromkonzerne belastet das Wachstum der Erzeugung von Strom aus alternativen Energiequellen. Konventionelle Kraftwerke werden deshalb immer seltener gebraucht, um die Stromerzeugung zu stützen. Auch drückt das wachsende Angebot an Strom auf die Börsenpreise. Dadurch ist der Betrieb konventioneller Anlagen immer seltener rentabel. Betreiber hatten in der Vergangenheit mehrfach gefordert, vom Bund für das Bereitstellen der Kraftwerke bezahlt zu werden.

Die zuständige Bundesnetzagentur kündigte bereits Widerstand gegen die Abschaltung von weiteren konventionellen Kraftwerken an. „In Süddeutschland werden wir keine weiteren Stilllegungen akzeptieren“, sagte eine Sprecherin der Bonner Behörde.

Warnung vor Engpässen

Erst kürzlich hatte die Netzagentur in einem Bericht zur Stabilität der Stromnetze im vergangenen Winter vor künftigen Engpässen in der Stromversorgung in Deutschlands Süden in den kommenden Jahren gewarnt. Die regionale Ungleichverteilung von Erzeugungskapazitäten gebe „großen Anlass zur Sorge“. Deswegen müsse reagiert werden und „insbesondere auf die Situation in Süddeutschland“ eingegangen werden.

Die Regulierungsbehörde rechnet für die kommenden Jahre mit einem deutlichen Rückgang an Stromerzeugungskapazitäten durch herkömmliche Kraftwerke.

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11 Kommentare

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  • BB
    Butter bei die Fische

    @Gast9876

     

     

     

    Da ist ja mal so gar nichts dran.

     

     

     

    1. Hat die Kommission lediglich beschlossen, die Sicherheitsstandards der IAEA endlich mal für alle Mitgliedsstaaten der EU in einer Richtlinie vorzuschreiben.

     

     

     

    2. Plädieren mit Frankreich, England, Polen und Tschechien nur 4 von 28 EU-Ländern derzeit für eine Erleichterung bei der Kreditvergabe für AKW-Neubauten. Um Subventionierung geht es nicht und kann es auch gar nicht gehen, das wäre nämlich ein Verstoss gegen das europäische Wettbewerbsrecht.

     

     

     

    3. Nicht zuletzt ist die "CO2-Lüge" der Atomlobby bereits ein "alter Hut", mit dem niemand mehr hinter dem Ofen vorgelockt werden kann. Denn wenn man die Stromerzeugung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung der vorgeschriebenen ganzheitlichen Betrachtung unterstellt - vom Abbau des Urans, über Konditionierungsanlagen und Wiederaufbereitung, Anlagen zur Behandlung und Deponie von schwach- und mittelradioaktivem Abfall bis zum "Endlager" für hochradioaktive Abfälle - dann wird schnell klar, dass hier für den Bau und Betrieb der diversen Anlagen sowie die vielen Transportstrecken zwischen diesen jede Menge CO2 anfällt. Das angebliche "CO2-frei"-Label, das sich die Atomindustrie selber verpasst hat, ist also nichts als ein großer Schwindel.

  • G
    Gast9876

    Die EU hat - wie gerade bekannt geworden ist - beschlossen, den Bau neuer Atomkraftwerke finanziell zu fördern, weil Atomkraftwerke kein CO2 ausstossen. Deutschland hat keine Möglichkeit, das zu verhindern.

  • T
    TL

    Wenn der Plan der EU-Kommission, den Bau von Atomkraftwerken finanziell zu unterstützen, umgesetzt wird, dann werden sich wohl einige europäische Länder für das nächste AKW entscheiden, bevor sie erneuerbare Energien förden; dem guten Beispiel Österreichs zum Trotz. Die (Atom-)Lobby stört und bestimmt, wo sie kann und sie kommt durch damit. Es muss wohl leider erst wieder

  • BB
    Butter bei die Fische

    Solange Deutschland ein Stromexporteur-Land bleibt (mehr Strom wird exportiert als importiert), braucht sich auch niemand Sorgen zu machen. Die ganze "Panikmache" der Konzerne entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als billige Schaumschlägerei. Krafterke werden still gelegt, weil in irgendwelchen Billigländern das Arbeitsrecht so ausbeuterisch ausgehöhlt ist und die Sicherheitsstandards so heruntergeschraubt sind, dass Strom noch günstiger angeboten werden kann, als er hier in Deutschland erzeugt werden könnte. Diesen wilden Importen sollte die Regierung einen Riegel vorschieben - Österreich machts ja gerade vor.

  • N
    nahab001

    ...privates Faehrunternehmen geht pleite; kein weiterer privater moechte an seine Stelle treten: nicht rentable: Stadt ist gezwungen eine konventionelle Faehre selbst zu betreiben. Daraus entweickelt sich das oeffentliche non-profit Segel/Motorfaehrunternehmen, abgestimmt nach Wind und Wetter....

  • S
    Stromsparer

    Jetzt rasseln sie mit den Säbeln, die Stromkonzerne. Anstatt rechtzeitig auf die Energiewende gesetzt zu haben. Dabei kann niemand behaupten, sie seien nicht gewarnt worden, das Argument wurde bei jedem Kohle-Neubau von Umweltverbänden ins Spiel gebracht... Siehe auch:

     

    http://www.blogs.ausgestrahlt.de/energiewende/prognosen-treten-ein/

  • TE
    Thomas Ebert

    Die Zeit der Versorgungssicherheit geht zu Ende! Mit Abschaltgesetzen und Zwangsbetrieb von Kraftwerken soll der Blackout noch verhindert werden. Doch mit dem weiteren Sinken von konventionellen Kraftwerkskapazitäten rückt der Zeitpunkt immer näher. Mangels Speicherkapazitäten können dann die Schwankungen, die Disharmonie von Erzeugung und Verbrauch, nicht mehr ausgeglichen werden. Der hemmungslose Wildwuchs der letzten Jahre schafft eine völlig widersinnige Struktur bei der Energieerzeugung.

    Die EEG-Umlage sollte komplett auf die Befürworter des Gesetzes umgelegt werden!

    Bitte nicht falsch verstehen, ich bin nicht gegen die Nutzung von Wind und Sonnenenergie. Doch ein Umbau der Energiewirtschaft braucht doch einen Plan, ein Konzept. Immer mehr Strom der mangels Verbrauch verschenkt werden muss, immer mehr Strom, der zwar nicht produziert - dafür aber bezahlt werden muss. Immer häufigere Schieflagen in der Stromnetzen die mühsam beherrscht werden, noch! Wer zu massenhaften Windparks JA sagt, der muss auch zu weiteren Pumpspeicherwerken JA sagen! Aber es feht allgemein an der Bereitschaft die Folgeprobleme der "Energiewende" als solche anzuerkennen und daraus die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

  • AE
    Aus einem lustigen Land

    Ein Fährunternehmer fährt stündlich von A nach B.

    Nun kommt Konkurrenz von Segelschiffen. Die sind billig, weil sie von den Bewohnern von A und B mitbezahlt worden sind (Anordnung vom Bürgermeister), Wenn Wind weht, sagt der Bürgermeister, darf man nur mit den Segelschiffen fahren, solange diese noch nicht voll sind. Für die es nicht reicht, nimmt man wieder die Motorschiffe. Wenn Flaute ist, was häufiger geschieht, greift man ebenfalls auf die Motorschiffe zurück.

    Fährunternehmer beschwert sich, dass unter den Bedingungen nicht mehr rentabel gefahren werden kann (Löhne, Unterhaltung der Schiffe, Anlegegebühren, ständiges Abschleppen in die Flaute geratener Segelschiffe) und macht den Laden dicht. Fährt man eben nur noch bei Wind rüber. Leute kommen nicht mehr rechtzeitig zur Arbeit. Sie beschweren sich natürlich nicht beim Bürgermeister, sondern beim Fährunternehmen.

  • TL
    Tim Leuther

    Wenn die Bürger am Ende noch eine "Kapazitäts&Speicher"-Umlage bezahlen sollen, dann wird es richtig teuer. Die Energiewende ist alles andere als durchdacht und war vielleicht die passende Methode um den anteil an erneuerbaren Energien auf 10% zu heben.

    So wurde eine grüne Spekulationsblase geschaffen, und wenn die Platzt, dann kommt es bitter.

  • D
    Desconocido

    Solange sie es noch können versuchen die jetzt durch irgendwelche Subventionen noch ein paar Euro rauszuschlagen. Noch können sie ja mit der Versorgungssicherheit die Öffentlichkeit erpressen. Aber deren Zeit geht zumindest in Deutschland langsam zuende und die Unternehmen wissen das.

    Ich sehe die ganze Aktion als gutes Zeichen an.

  • V
    vic

    Stell dir vor, es gibt Atomstrom und niemand will den haben...

    Bravo, nur so geht das.

    An Merkels Ausstieg glaube ich eh nicht.