#Bombergate bei den Piraten: Kandidatin verliert Vertrauen

Der Piraten-Vorsitzende wirft Europakandidatin Anne Helm vor, ihn belogen zu haben. Seine Stellvertreterin befürwortet Helms Rückzug von der Liste.

Können diese Augen lügen? Anne Helm. Bild: imago / jens jeske

BERLIN taz | Der Bundesvorsitzende der Piraten, Thorsten Wirth, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Europakandidatin Anne Helm: Er behauptet, sie habe ihn bei einem persönlichen Gespräch belogen. Helm war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Bei einer öffentlichen Telefonkonferenz zur Krise der Partei am Montagabend schilderte Wirth, wie er am Montag vor einer Woche einen Bericht des Berliner Kurier sah. Die Zeitung behauptete, dass Anne Helm sich am 13. Februar in Dresden vermummt habe, um mit den Worten „Thanks Bomber Harris“ auf ihrem nackten Oberkörper dem britschen Luftwaffenbefehlshaber Arthur Harris für die Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg zu danken.

„Ich habe mir auch sofort die Frage gestellt: Ist das Anne oder nein?“, sagte Thorsten Wirth, „ich habe mit ihr wirklich sehr lange darüber geredet.“ Wirth behauptet, bei dem Gespräch habe Anne Helm ihre Beteiligung an der Aktion dementiert: „Man muss sich doch mal bitte in diese Lage versetzen, wie wir jetzt da gestanden haben und sie sagt mir: Nein, ich war's nicht.“

Er habe ihr vertraut, dass sie die Wahrheit sagt: „Wenn wir die Aussage von einem Mitglied der Piratenpartei haben, dass sie es nicht war, dann ist das erstmal als das, wovon wir ausgehen.“

Helm muss Themenbeauftragung abgeben

Ob die Lügen-Vorwürfe von Wirth zutreffen, ist unklar. Helm war am Dienstag für die taz per Mail und Twitter zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Nachdem Anne Helm am Montag ihre Beteiligung an der Aktion eingestanden hatte, gebe es ein „angekratztes Vertrauensverhältnis“, sagte Wirth. „Die Kommunikation zwischen Anne und uns ist besch...eiden gelaufen“, sagte auch Wirths Stellvertreterin Caro Mahn-Gauseweg. „Wir sehen deswegen momentan keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit, wie sie zum Beispiel für eine Themenbeauftragung nötig wäre und haben ihr auch von unserer Seite aus die Themenbeauftragung entzogen.“

Helm war seit April 2013 Themenbeauftragte der Piraten für Asyl- und Migrationspolitik. In dieser Funktion hat sie etwa eine Pressemitteilung zum Flüchtlingsdrama vor Lampedusa herausgegeben. Wer ihr in dieser Funktion nachfolgen wird, teilte Mahn-Gauseweg nicht mit.

Rückzug von der Liste gefordert

Die stellvertretende Parteivorsitzende würde es auch befürworten, wenn Anne Helm von der Europaliste zurücktritt. „Meine ganz persönliche Meinung ist, dass es wahrscheinlich geschickter wäre, ja“, sagte sie bei der Telefonkonferenz. Die Piraten hatten Anne Helm erst Anfang Januar bei einem Bundesparteitag auf Platz fünf ihrer Europaliste gewählt. Helm zieht damit ins Parlament, wenn die Piraten auf fünf Prozent der Stimmen kommen.

Der Piraten-Vorsitzende dagegen hält trotz des angeblichen Vertrauensbruchs noch zu Anne Helm: „Meine persönliche Meinung ist, dass sie unbedingt auf der Liste bleiben soll“, sagte Wirth auf der Telefonkonferenz. „Ich sehe auf der einen Seite, dass wir aktuell ein Problem haben. Auf der anderen Seite ist es unglaublich schwierig, wir haben die Liste jetzt aufgestellt, die haben wir auch schon abgegeben, da können wir jetzt nicht einfach sagen: Wollen wir jetzt nicht mehr. Weil sie ist ja gewählt worden. Ich finde es auch nicht zielführend, Anne jetzt da rauszunehmen und zu sagen, damit würde jetzt irgendwie etwas besser gemacht werden, wenn sie von der Europaliste runterkommt.“

Update: Caro Mahn-Gauseweg hat sich am Dienstag korrigiert. Anders als von ihr auf der Telefonkonferenz angegeben habe der Bundesvorstand Anne Helm die Themenbeauftragung nicht entzogen: „Ich hatte den Diskussionsstand innerhalb des Bundesvorstandes zu diesem Zeitpunkt als Entscheidung fehlinterpretiert und diese dann kommuniziert. Diese Entscheidung hat der Bundesvorstand aber so nicht getroffen. Es tut mir leid, dass ich diesem Irrtum erlegen bin.“

Siehe auch

Mitschnitt der Telefonkonferenz, Teil 1 (Thorsten Wirths Schilderungen über die angeblichen Aussagen von Anne Helm: 1 Stunde 50 Minuten)

Mitschnitt Teil 2

taz-Artikel über die politische Richtungsauseinandersetzung, die die Aktion bei den Piraten ausgelöst hat

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