Bombendrohungen in Deutschland: Alarm wegen der Mails
Schulen, Radiosender, Bahnhöfe: an verschiedenen Orten gingen in den vergangenen Tagen Bombendrohungen ein. Die Polizei gibt Entwarnung.
Weitere Bombendrohungen gingen an vier Schulen in Sachsen ein. Bei den polizeilichen Durchsuchungen kam es am vergangenen Dienstag unter den Schülerinnen und Schülern zu Panikzuständen und Kreislaufbeschwerden. Die Polizei fand aber keine Hinweise auf drohende Bombenexplosionen oder Schusswaffenangriffe.
Bei den Drohungen handelte es sich um E-Mails. Darin würden „schädigende Anschläge“ angekündigt und die Drohungen „in einen propalästinensischen Kontext“ gestellt, berichtet ein Sprecher des Landeskriminalamts Sachsen. Die Cybercrime-Experten des LKA unterstützen derzeit die Ermittlungen, um die Täter festzustellen.
Angesichts der anhaltenden Kämpfe in Israel und dem Gazastreifen seien weitere derartige Drohmails zu erwarten, sagt die Polizei. „Auch wenn bislang von keiner Ernsthaftigkeit der Drohungen auszugehen ist, wird bei zukünftigen Drohmails weiterhin jedem Sachverhalt mit der im Einzelfall gebotenen Sorgfalt und Intensität nachgegangen“, betonte der Sprecher weiter.
Identischer Mailinhalt in NRW und Rheinland-Pfalz
Sachsens Staatsminister Armin Schuster (CDU) äußerte sich ebenfalls zu den Drohungen. „Auch wenn bislang keine ernsthafte Gefahr bekannt wurde, nimmt die sächsische Polizei diese Drohungen ernst. Wir werden vor Ort weiter sehr wachsam sein“, sagte Schuster auf Anfrage der taz. „Ich bin unseren Einsatzkräften dankbar für ihr konsequentes und umsichtiges Handeln.“ Die Polizei wolle anlassbezogen kurzfristig alle sächsischen Schulen über das Kultusministerium zur aktuellen Lage informieren.
In Nordrhein-Westfalen (NRW) und in Rheinland-Pfalz gab es am vergangenen Montag ebenfalls Bombendrohungen mit identischem Inhalt. Betroffen waren Schulen in Solingen, Wuppertal-Barmen, Bonn und Mönchengladbach, die Universität Münster und die ZDF-Zentrale in Mainz. „Nach der Bewertung der Gesamtlage kommen wir derzeit zu dem Ergebnis, dass die vergangenen Bedrohungen nicht ernst zu nehmen sind“, teilte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums mit.
Grundsätzlich sei die aktuelle Entwicklung in Israel dazu geeignet, eine hohe Gefährdungsrelevanz zu entfalten, berichtet eine Sprecherin des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz. Jedoch liegen dem Amt „keine Erkenntnisse zu festen Strukturen der Hamas in Rheinland-Pfalz vor“. Am Montag mussten mehrere Gebäude im Mainzer Stadtteil Lerchenberg evakuiert werden, und rund 600 ZDF-Mitarbeiter*innen mussten ihren Arbeitsplatz verlassen.
Die Thüringer Behörden sind ebenfalls alarmiert. Nach erneuten Drohungen gegen Schulen in Erfurt und die Radiosender Antenne Thüringen, Top40 und Landeswelle in Weimar bewertet die Landespolizeidirektion in Erfurt die Bedrohungslage „fortlaufend“. Sie schließt Zusammenhänge mit den anderen Fällen in anderen Bundesländern nicht aus.
„Ob mit den Drohungen ein extremistisches Ziel verfolgt wird oder es sich um ‚Trittbrettfahrer‘ handelt, die sich zur Verstärkung der Wirksamkeit ihrer Drohungen als ‚Hamas‘ bezeichnen, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend bewertet werden“, sagt eine Sprecherin des Bundesministeriums des Innern (BMI) auf Anfrage der taz. Sie weist darauf hin, dass die Drohungen etwa zur selben Zeit wie die Drohungen in Frankreich begannen, bei denen „ein Bezug zum aktuellen Nahostkonflikt hergestellt wird“.
Seit Beginn der Woche und mit Schulbeginn hätten diese Vorkommnisse bundesweit stark zugenommen, fügt die Sprecherin hinzu. Auch in Frankreich und Italien hatte es Drohungen gegen Einrichtungen gegeben. In Frankreich wurden nach den Drohungen sechs Flughäfen evakuiert.
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