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Boliviens Lithium für deutsche BatterienDas neue Öl ist weiß

Ein bolivianischer Staatskonzern und ein Unternehmen aus Baden-Württemberg bauen gemeinsam Rohstoffe im weltgrößten Salzsee ab.

Derzeit bei Reisenden beliebt: die salzige Weite des Salar de Uyni Foto: Gereon Asmuth

Berlin taz | Bolivien wird künftig seine riesigen Lithium-Vorkommen fördern. Dazu gehen das bolivianische Staats-Unternehmen Yacimientos de Litio Bolivianos (YLB) und ACI Systems aus Baden-Württemberg eine Partnerschaft ein, die sie am Mittwoch in Berlin besiegelt haben. Dazu reisten neben den Unternehmenschefs auch Boliviens Präsident Evo Morales und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) an.

Das Land will die rund 9 Millionen Tonnen Lithium erschließen, die in dem Salzsee Salar de Uyuni lagern. ACI Systems hatte sich in einem Wettbewerb gegen sieben Konsortien durchgesetzt. Vorgesehen ist, dass Arbeitskräfte ausgebildet werden und das Lithium vor Ort zu Kathodenmaterial oder Batteriesystemen verarbeitet wird.

Der Salar de Uyuni gilt als größter Salzsee der Welt. Er liegt auf 3.600 Metern Höhe abgelegen im bolivianischen Hochland der Anden. Seine bis zu 30 Meter dicke Salzkruste hat mit PKW und Bussen befahren werden. Er hat sich wegen seiner einzigartigen Landschaft in den letzten Jahren zum viel besuchten Touristenziel entwickelt.

Lithium ist ein wichtiger Bestandteil von wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien. Schon jetzt sind sie in Elektrogeräten mit Akkus verbaut, vom Smartphone über Akkuschrauber bis zum Laptop. In Elektrogeräten steckt das Leichtmetall in Grammbereichen in Batterien für Elektroautos kiloweise.

Bolivien will Wertschöpfung im Land halten

Weil weltweit Regierungen und Autokonzerne auf E-Mobilität setzen, wird die Nachfrage nach Lithium steigen: Bis 2025 könnte sich der weltweite Bedarf von derzeit 33.000 Tonnen verdoppeln. Beherrscht wird der Markt von vier Firmen, die 90 Prozent des Angebots stellen. Bolivien hat sein Vorkommen bislang nicht angetastet und will die Wertschöpfung im Land halten.

Boliviens Präsident Evo Morales steht derzeit unter Druck: Tausende protestierten kürzlich dagegen, dass er trotz anderslautender Vorgaben in der Verfassung und eines Referendums erneut als Präsident kandidieren will.

„Das Lithium-Oligopol könnte einen Wettbewerber bekommen“, sagt Michael Schmidt, Lithium-Experte der Deutschen Rohstoffagentur Dera, „das wäre gut für den Markt.“ Außerdem solle eine Wertschöpfungskette im Land entstehen, „dies könnte eine Chance für Bolivien sein“, so Schmidt, der das Projekt seit zweieinhalb Jahren beobachtet.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht es im Zusammenhang mit einer heimischen Batterie-Produktion. Das Projekt könne eine wichtige Rolle dabei spielen, die Bedarfe deutscher Unternehmen abzusichern. „Die deutsche Industrie tut deshalb gut daran, sich ihren Bedarf frühzeitig zu sichern, um nicht in Rückstand und Abhängigkeit zu geraten“, so Altmaier.

Grüne fordern Umweltgutachten

Die Grünen appellierten an die Bundesregierung, die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zum Umwelt- und Menschenrechtsschutz zur Grundlage für die Zusammenarbeit zu machen. „Bislang liegen keine Umweltgutachten für die geplanten Abbaustätten vor, obwohl diese gesetzlich vorgeschrieben sind“, kritisierte der entwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Uwe Kekeritz.

Auch Markus Zander, Bolivien-Referent der katholischen Hilfsorganisation Misereor, sieht das Projekt kritisch: Die Regierung Morales habe sich von der Zivilgesellschaft und der indigenen Bevölkerung entfernt. „Es ist nicht sicher, das sie ausreichend eingebunden werden und ihre Interessen vertreten können“, so Zander.

Wie heißt es unter Bergleuten? Vor der Hacke ist es dunkel. Rohstoffprojekte haben lange Vorbereitungszeiten und müssen technische, ökonomische und politische Hindernisse überwinden, bevor die Förderung beginnen kann: Umweltgesetze, Tourismus, die Zivilgesellschaft vor Ort. Branchenkenner schätzen, dass 3 bis 10 Jahre vergehen, bis Bolivien das erste Lithium liefert.

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8 Kommentare

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  • Und wieder mal ein Beweis das die Stromautos auch nicht nur ansatzweise die Ökobilanz verbessern. Bei uns fraglich, auf der Erde wohl eher nein.



    Oder gibt es einen ehrlichen Vergleich über Batterieautos und Verbrenner über den gesamten Energieverbrauch, Zerstörung von Umwelt, etc.?

    • @wirklich wahr?:

      Sofern die Energie für E-Autos aus regenerativen Quellen kommt ist es gar kein Problem. Ein E-Moter ist zudem um ein vielfaches effizienter als ein stinkender Verbrenner. Und wenn die nötigen Resourcen umweltgerecht abgebaut und verarbeitet werden, ist das auch kein Thema. Darum geht es.

  • Schon in dieser Überschrift liegt eine Irrglauben verborgen. Lithium kann nie auch nur im Entferntesten mit Öl verglichen werden. Denn dieses stellt im Gegensatz zum Energieträger Öl eine Energiesenke dar, für dessen Bereitstellung gerade auch der Energieträger Öl geradezu fundamental wichtig ist.

    • @Thomas :

      Das es bei der Überschrift nicht darum ging hat wahrscheinlich ausser dir jeder kapiert.

      • @Rider:

        Ach so? Um was ging es denn?



        Wenn man so etwas wie "Das neue Öl ist weiß" schreibt, dann suggeriert man doch, dass das Öl einfach durch das Lithium ersetzt werden kann.



        Viele Leute glauben, dass das wirklich der Tatsache entspricht und man nur den Energieträger wechseln muss, damit das Wirtschaftssystem immer weiter laufen kann.

    • @Thomas :

      batterien helfen, damit 100% erneuerbare klappt. denn die e-autos werden mit schlauer ladeautomatik künftig geladen, wenn mehr wind- und sonnenstrom verfügbar ist als im netz gebraucht wird. so werden sie aus überschuß gespeist werden, wie einst der überschüßige akwstrom nachts häuser heizte.



      öl kommt künftig nur noch vor, wenn die fossil-lobby es weiter schafft, alle von zukunftsfähigem und verantwortlichen handeln abzuhalten.

      • @chn:

        Hier wird das Fell des Bären wieder vorher verteilt, bevor der Bär überhaupt erlegt wurde. Das hat schon System bei den Erneuerbaren. Es wird gar nicht mehr darauf eingegangen, woher denn diese EE und die gesamte Infrastruktur dafür überhaupt kommen soll. Kein E-Auto, keine noch so schlaue Ladeautomatik, ja kein einziges Windrad bzw. Solarpanel kann ohne das Zutun von Öl, Kohle und Gas entstehen. Das ist auf dem heutigen Stand der Technik schon mal Fakt. Bevor also die EE in der Gesamtheit es nicht schaffen sich selbst zu erhalten, sollte man sich mit derlei Verlautbarungen von 100 Prozent EE besser zurückhalten.

        • @Thomas :

          Das EE heute fehlt, liegt daran, dass sie Jahrelang durch die Stromerzeugerlobby erfolgreich verhindert wurde. Ebenso die Infrastruktur, wurde eben (bewusst) nicht rechtzeitig ausgebaut. Es ist ja nicht so, dass es nicht machbar wäre. In anderen Ländern, besonders in Asien, ist das heute bereits alles Realität.



          Und zum Thema 100% erneuerbare Energie:



          www.sonnenseite.co...t-ist-machbar.html

          Man kann natürlich auch alles schlecht reden und so ebenfalls den Fortschritt aufhalten.