Böllerverbotszonen in Berlin: Weniger böllern ist mehr zuschauen
Die Silvesterknallerei sorgt für Diskussionsstoff. Gar nicht böllern, ist eine Alternative. Die Polizei ist in den Böllerverbotszonen längst präsent.
Die Botschaft kommt an, weil sie mir aus der Seele spricht: In der Rigaer Straße hängen seit ein paar Tagen hier und da Aushänge, mit denen sich eine nicht näher benannte Person viel Mühe gegeben hat. „Zuschauen statt selber ballern“ ist das Ganze überschrieben und stellt einen Appell dar: „Liebe Nachbarn“, steht da getippt, „wie wäre es, mit einer guten Tat ins neue Jahr zu starten? Warum nicht der Gesundheit, der Umwelt und dem eigenen Geldbeutel etwas Gutes tun und dieses Silvester auf Feuerwerk verzichten?“
Die Initiatoren des Aushangs listen fünf Gründe zum Verzicht auf, sie reichen vom Verletzungsrisiko über die Müllproblematik bis zu Gesundheitsschäden durch freigesetzten Feinstaub durch Böller und Raketen – so weit erwartbar. Doch man hat sich Mühe gegeben und liefert ausführliche Fakten. Wer weiß schon, wie viel Geld die Deutschen zum Jahreswechsel in die Luft jagen? Angeblich „rund 130 Millionen Euro“. Die Deutsche Umwelthilfe kämpft bekanntlich seit Jahren für ein „Silvester 2.0 ohne Feinstaub und Müll“.
Um Feinstaub geht es bei den nun erstmals eingeführten Böllerverbotszonen auf dem nördlichen Teil des Alexanderplatzes und rund um die Pallasstraße in Schöneberg nicht wirklich. Vielmehr ist das Ziel, Verletzungen und Schäden zu vermeiden. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Berliner Zeitung begrüßten angeblich 89 Prozent der Berliner „die Entscheidung für die Verbotszonen“.
Über das Für und Wider solcher Böllerverbotszonen wurde schon viel diskutiert. Kritisch dürfte dabei vor allem die Umsetzung werden. Die Polizei jedenfalls ist schon längst in den Böllerverbotszonen präsent. Denn mit Start des Feuerwerkverkaufs ging es los mit der Knallerei.
Personalien, Platzverweise, Beschimpfungen
Prompt wurde in der Pallasstraße/Ecke Potsdamer Straße den Sonntag über mehrmals Pyrotechnik gezündet. Zivilkräfte einer Einsatzhundertschaft waren laut Polizei vor Ort, mehrfach wurden Personengruppen kontrolliert, Personalien festgestellt, Platzverweise ausgesprochen, dabei kam es immer wieder zu Beschimpfungen der Einsatzkräfte.
In der Schöneberger Verbotszone wurden 57 Personen überprüft, 8 von ihnen vorläufig festgenommen und nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen. „Es wurden unter anderem Strafanzeigen wegen Verstößen gegen das Sprengstoff- und Betäubungsmittelgesetz sowie schweren Landfriedensbruchs und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gefertigt“, heißt es im Polizeibericht. Das alles wohlgemerkt am Sonntag. Silvester dürfte das Schauspiel sicher größer ausfallen.
Für alle, die es nicht lassen können (oder zuschauen wollen): Die Silvesternacht soll in Berlin und Brandenburg trocken bleiben. Es bleibt kalt mit Temperaturen zwischen einem und minus einem Grad. Guten Rutsch, allerseits!
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