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Blockupy-Treffen in BerlinNach Frankfurt geht's weiter

Mehr als 100 Aktivisten des Bündnisses haben sich in Berlin getroffen, um dessen Zukunft zu beraten. Eines der Ziele: neue Proteste im Juni.

Blockupy-Protest in Frankfurt im März 2015. Bild: imago/Christian Mang

BERLIN taz | Der Rauch über Frankfurts Straßen hat sich verzogen. Blockupy will bleiben. Als „breites, ungehorsames und transnationales Bündnis“ wolle man auch zukünftig die europäische Krisenpolitik bekämpfen und zwar mit dem gewohnten „Dreiklang aus inhaltlichen Debatten, Demonstrationen und Aktionen des zivilen Ungehorsams“. Darauf einigten sich die mehr als 100 Aktivisten des Bündnisses bei ihrem Treffen am Sonntag in den Berliner Mehringhöfen.

Knapp zwei Monate nach den Protesten gegen die Eröffnung des neuen Hauptsitzes der Europäischen Zentralbank (EZB), die öffentlich vor allem Bilder von brennenden Polizeiautos produzierten, stand für die Anwesenden zunächst die Aufarbeitung der Geschehnisse im Vordergrund. Einig waren sich die Teilnehmer über den Erfolg der Mobilisierung. Mehr als 20.000 Menschen aus ganz Europa hatten mitten in der Woche den Weg nach Frankfurt gefunden.

Schwieriger wurde es bei der Frage nach dem Umgang mit militanten Aktionen. An dieser entscheidet sich, wie breit das Bündnis in Zukunft aufgestellt sein will und ob es seinem Anspruch gerecht werden kann, die Basis für Aktionen des massenhaften Ungehorsams auszuweiten. Vor allem die Blockupy-Befürworter bei Linkspartei und Attac müssen sich gegen Kritiker aus den eigenen Reihen wehren, die sich vor einer Gleichsetzung mit den Randalierern sorgen. Attac-Urgestein Werner Rätz befürchtete in der Debatte das Ende von Blockupy, sollten sich die Bilder von Frankfurt noch einmal wiederholen.

Seit den Ereignissen vom 18. März sieht sich vor allem Linken-Politiker Ulrich Wilken massiv öffentlichem Druck ausgesetzt. Er ist Vizepräsident des Hessischen Landtags und Mitorganisator von Blockupy. Ihm wird vorgeworfen, er sei für die Gewalt mitverantwortlich. Sein Rücktritt wurde bereits mehrmals gefordert. Die Teilnahme an dem Treffen in Berlin ließ er sich dennoch nicht nehmen. Angriffe auf seine Person bezeichnete er als „Versuch, uns zu spalten“.

Brennende Autos vs. bunte Blockaden

Tatsächlich habe sich das Bündnis strikt an den selbstgesteckten Aktionskonsens gehalten und nicht zur Eskalation beigetragen, so das Kredo beim Treffen am Sonntag. Diese sei vielmehr ein Nebeneffekt des Größerwerdens von Blockupy gewesen. Viele Redner forderten für die Zukunft, den Aktionskonsens strikter durchzusetzen, zumindest dort, wo Blockupy selbst agiert. Bilder brennender Autos sollen nicht jene von farbenfrohen Blockaden oder einem massenhaften Überklettern von Zäunen überlagern.

Zurück auf der Straße wollen die Aktivisten am 20. Juni 2015. Zum Weltflüchtlingstag und Auftakt einer europäischen Aktionswoche der Griechenland-Solidarität wird sich das Bündnis an einer Demonstration in Berlin beteiligen. Eigene Aktionen sind für den Herbst geplant. Man müsse „mit dem Rhythmus der europäischen Krise mithalten“, forderte Christoph Kleine von der Interventionistischen Linken.

Auch die etwa 50 Teilnehmer des internationalen Blockupy-Treffens am Vortag hatten sich dafür ausgesprochen, nicht bis zum nächsten Jahr mit neuen Aktionen zu warten. Ob es dann ein Festival, große Protestaktionen oder eine Konferenz geben wird, muss noch entschieden werden, ebenso, ob man nach Rom, Berlin, Brüssel oder Athen gehen wird.

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1 Kommentar

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  • Liebe Blockupy-Aktivisten,

    niemand erwartet von Euch "Gehorsam". Wir sind eine freiheitliche Gesellschaft, jede darf seine Meinung kundtun. "Gehorsam" war das Gebot im Nationalsozialismus und im Kommunismus!

    Dass Ihr Schwierigkeiten mit der Bewertung "militanter Aktionen" habt, ist dagegen enttäuschend. Die Mehrheitsfähigkeit Eurer Anliegen hängt nicht von der Zahl der verübten Straftaten ab.

    Ich bin sicher, dass die meisten Deutschen aus der Weimarer Republik gelernt haben, die Spielregeln unserer freiheitlichen Gesellschaft und unseres Rechtsstaats beherrschen und deswegen Gewalttätern von Links oder Rechts rechtzeitig energisch entgegentreten.