Blockiertes Demokratiefördergesetz: Nur schöne Worte
Die Koalition blockiert das Demokratiefördergesetz – das ist fatal. Der Kampf gegen Rechts darf nicht für Profilierungen missbraucht werden.
E s sollte ein starkes Signal sein. Im November verkündete die Bundesregierung ihr großes Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus, als Reaktion auf den Anschlag von Hanau. 89 Punkte trugen die Minister:innen zusammen, einer der zentralen: ein Gesetz zur Förderung der wehrhaften Demokratie, um zivilgesellschaftliche Projekte langfristig abzusichern – einst als Demokratiefördergesetz firmierend.
Als „Meilenstein“ pries SPD-Vizekanzler Olaf Scholz das Paket; von „großer Geschlossenheit“ sprach Innenminister Horst Seehofer. Nun aber, da es ans tatsächliche Handeln geht, ist davon nicht mehr viel übrig. Die Unionsfraktion meldet beim Demokratiefördergesetz grundsätzliche Bedenken an, pocht auf eine Extremismusklausel – und verhindert einen Kabinettsbeschluss.
Auch die geplante Streichung des „Rasse“-Begriffs aus dem Grundgesetz blockieren die Konservativen. Von Geschlossenheit keine Spur mehr, aus dem Meilenstein droht ein Kiesel zu werden. Zumindest für das Demokratiefördergesetz dürfte es, angesichts des aufziehenden Bundestagswahlkampfs, nun in dieser Legislaturperiode nichts mehr werden. Ob die nächste Regierung einen neuen Anlauf dafür nimmt, ist völlig offen.
Dabei hätte das Gesetz schon vor Jahren beschlossen werden müssen. Denn es geht hier um eine Grundlage unserer Demokratie: das zivilgesellschaftliche, tagtägliche Engagement im Kleinen. Um Initiativen, die in Schulen, Dörfern oder mit Aussteigerprojekten die Demokratie hochhalten und die – seien sie auch noch so etabliert – bisher alle vier Jahre vor dem Aus stehen und sich immer wieder neu als Modellprojekt bewerben müssen. Eine kräftefressende Zitterpartie – die sich nun fortsetzt.
Das ist fatal. Denn es bleibt – trotz der Anschläge in Kassel, Halle und Hanau – der Eindruck: Es waren nur schöne Worte. Wenn es die Regierung aber wirklich ernst meint mit ihrem Kampf gegen den Rechtsterror, darf sie gerade hier nicht in parteipolitische Profilierungen verfallen. Nicht, wenn es um das Engagement für ein friedliches Zusammenleben geht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen