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Björn Höcke in BerlinBeim Griechen in Suburbia

AfD-Rechtsaußen Björn Höcke wollte in Berlin sprechen, schaffte es aber nur knapp. Auf der Bühne am Stadtrand leistete er sich auch einen Fauxpas.

Björn Höcke musste draußenbleiben, in Berlin gab's keinen Auftrittsort für ihn Foto: Jens Jeske

Berlin taz | Der thüringische AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke war am Samstagnachmittag zu Gast in Berlin – jedenfalls fast: Rund 50 Meter hinter der Stadtgrenze liegt das „deutsch-griechisch-bulgarische“ Restaurant, in der die von der Jungen Alternative und dem AfD-Verband Marzahn-Hellersdorf organisierte Veranstaltung stattfand. Räume in Marzahn-Hellersdorf selbst hätte ihre Partei nicht bekommen, sagte die Marzahner AfD-Politikerin Jeanette Auricht gleich zu Beginn – aus ihrer Sicht ein Beweis für „den grauenhaften Zustand der deutschen Demokratie“.

Auricht hat Chancen, als einzige direkt gewählte AfD-Kandidatin aus Berlin in den Bundestag einzuziehen: Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im letzten Jahr bekam die AfD hier in Marzahn-Hellersdorf 23,6 Prozent der Zweitstimmen und wurde so mit einem hauchdünnen Vorsprung vor der Linkspartei stärkste Kraft in dem von Plattenbauten, aber auch Einfamiliensiedlungen geprägten Bezirk. Für den Wahlkampfendspurt hatte sie sich nun also prominente Unterstützung geholt, und das kam gut an: Die knapp 200 Stühle im Saal waren voll.

In der ersten Reihe saßen einige Berliner AfD-Abgeordnete wie der für seine Höcke-Verehrung bekannte Andreas Wild aus Steglitz-Zehlendorf sowie der Brandenburger AfD-Vorsitzende Andreas Kalbitz. Die Führungsriege der Berliner AfD fehlte allerdings – Björn Höcke ist auch in der Partei nicht unumstritten. Vollständig anwesend waren hingegen die Köpfe des Berliner Ablegers der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative, deren Vorsitzender Thorsten Weiß neben Höcke und Auricht der dritte Redner an diesem Nachmittag war. Sie sorgten für die nötige Inszenierung: Zu pathetischer Musik führten zwei junge AfDler mit Seitenscheitel und gestärkten Hemden die RednerInnen in den Saal, dabei schwenkten sie je eine riesige Deutschland- und eine Berlinfahne.

In seiner Rede hob Höcke vor allem auf eines seiner Lieblingsthemen ab, die angeblich außer Kontrolle geratene deutsche Bevölkerungspolitik. In düsteren Farben malte er das Bild eines sterbenden deutschen Volkes, das vom „Altparteienkartell“ vorsätzlich abgeschafft würde, um hier „eine Million junge afrikanische Männer anzusiedeln“.

In Potsdam kamen nur 70 Anhänger

Die AfD sei die „einzig authentische Familienpartei“, die diese Entwicklung aufhalten könne, wofür es auch nötig sei, „Europa zumindest temporär zu einer Festung zu machen“. Für seinen Auftritt gab es frenetische „Höcke, Höcke“-Rufe und Standing Ovations, auch wenn er sich gleich zu Beginn einen Fauxpas leistete: Jeanette Auricht hatte ihm zuvor in ihrer Rede von der Bühne aus das Du angeboten, er begrüßte sie anschließend mit „liebe Yvonne“.

Das Publikum, eine Mischung aus ergrauten Herren, Frauen in schicken Kostümen und angetrunkenen Männern mit Bürstenhaarschnitt, verzieh es ihm. Teilnehmen an der Veranstaltung konnte nur, wer sich vorher angemeldet hatte, am Eingang gab es akribische Sicherheitskontrollen. Am Vormittag hatte Höcke in Potsdam unter freiem Himmel vor dem Filmmuseum gesprochen, dort hatten sich aber nur rund 70 AfD-Anhänger eingefunden. Rund 500 Menschen protestierten gegen den Auftritt des für seine Hetzreden bekannten Politikers, die Polizei war mit 400 Beamten im Einsatz.

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2 Kommentare

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  • Hm, ob das jetzt ein nennenswerter Fauxpas ist, wenn Bernd Jeanette einmal Yvonne nennt?

    Naja, aber die AfD muss eben Skandal auf Skandal liefern, um bloß auch weiter im Gespräch zu bleiben und um sich weiter als Opfer der "linksgrün versifften Mainstream-Meiden" präsentieren zu können.

    Mit der Zeit geht dann auch einem Skandal-Profi wie dem Bernd irgendwann die Luft aus.

  • ...'aus ihrer Sicht ein Beweis für „den grauenhaften Zustand der deutschen Demokratie“'

     

    Diese Leute müssen was verstehen: wenn ein Unternehmer (Gastwirt) keine Lust hat, einen Gröfaz in seinen Laden zu lassen, dann ist das das gute Recht des Unternehmers. Die AFD wirft mit zusammengestöpselten neoliberalen Positionen um sich und möchte aber der freien Wirtschaft vorschreiben, dass man doch bitte das Wahlkampfgedöns dieser 'alternativen' Opfer zu ertragen habe. Njet. Respekt für die WirtInnen von Marzahn...