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Bio-Produkte aus ChinaEU verschärft Kontrollen

In Import-Lebensmitteln aus China wurden 15 teils hochgiftige Chemikalien gefunden. Oft fehlt es Bauern im Reich der Mitte an Beratung.

Chinesische Bauern auf einer Teeplantage bei der Ernte. Bild: reuters

BERLIN taz | Wegen zahlreicher Pestizidfunde in Biolebensmitteln aus China hat die EU-Kommission schärfere Kontrollen angeordnet. In einem Brief an die zwölf in der Volksrepublik tätigen Öko-Kontrollstellen mit EU-Lizenz schreibt die Aufsichtsbehörde, dass „jedes Jahr zusätzliche unangekündigte Inspektionen stattfinden sollen“ – inklusive Laboranalysen von Produkten oder des Ackerbodens. Das EU-Schreiben liegt der taz vor.

Mit diesen Maßnahmen will die Kommission ein Problem lösen, das schon lange bekannt ist (siehe taz vom 3. 3. 2011): Viele Biolebensmittel aus China sind gar nicht bio, sondern werden mithilfe von im Ökolandbau verbotenen chemisch-synthetischen Pestiziden oder Düngern erzeugt. Die Kommission nennt in ihrem Schreiben 15 teils extrem giftige Chemikalien, die in vermeintlichen Bioimporten aus China gefunden wurden.

Die Behörde spricht von einer „Hochrisiko-Situation“. Die Effizienz des Kontrollsystems „könnte infrage gestellt werden“. Die privaten Kontrollstellen überprüfen, ob sich Biofirmen an die EU-Ökoverordnung halten – auch wenn die Produkte von außerhalb Europas kommen.

Wie viele Bioprodukte die EU aus China importiert, wird von den Zollbehörden bisher nicht erfasst. Die Marktanteile der Chinesen dürften aber etwa bei Ingwer, Knoblauch oder Tee sehr hoch sein. Marktexperten gehen davon aus, dass die Mengen stark zugenommen haben.

Einer der größten Biozertifizierer weltweit, die Nürnberger BCS Öko-Garantie, will nun Unternehmen und Anbaukulturen, die schon mehrmals negativ aufgefallen sind, intensiver kontrollieren. „Da werden wir jetzt statt ein oder drei Mal vier oder fünf Mal im Jahr hingehen“, sagt Geschäftsführer Peter Grosch. Die Kosten tragen die kontrollierten Unternehmen. Grosch hofft, dass deshalb der Druck auf die Branche steigt, sauber zu arbeiten. „Es muss in China verstanden werden, dass sie sich selber aus dem Markt schießen, wenn sie nicht furchtbar aufpassen.“

20 Prozent der Proben belastet

Der Kontrolleur bestätigt, dass die Betrugsgefahr in der chinesischen Biobranche hoch ist. „Ich kalkuliere, dass 15 bis 20 Prozent der von uns analysierten Proben belastet sind.“ Bei Tee und Ingwer liege das in mindestens der Hälfte der Fälle an Verstößen gegen die Bioregeln, bei der anderen könnten Pestizide auch durch Abdrift von Nachbarfeldern auf die Biokulturen gekommen sein.

Eine Ursache für das hohe Risiko in China ist Grosch zufolge, dass das Bewusstsein für Bio dort nicht so stark ausgeprägt sei. „Bio ist nicht wie hier im Kopf, Herzen oder in der Tradition verankert, sondern Bio ist in China ganz überwiegend ein rein ökonomisches Motiv.“ Kernproblem sei, dass es kein flächendeckendes System von Beratern gebe, die den Bauern die Regeln des Ökolandbaus erklären.

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3 Kommentare

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  • W
    Werner

    China ist anders, da schliesse ich mich meinem Vorredne an. Merkwürdig, dass EU-Kontrolleure wie BCS auch nach 20 Jahren Tätigkeit in China nicht begrifen haben.

    Und wie kann solche "Bio-Ware" überhaupt bio-zertifiziert werden?

  • B
    Banane

    Nichts, das man nicht mit klaren Verträgen und Strafen regeln könnte. Aber davor schrecken die Händler zurück. Es könnte sich auf ihren eigenen Gewinn auswirken.

     

    Solange die EU nur auf ein paar wenige Kontrollen setzt, statt die Übeltäter aus dem Verkehr zu ziehen, wird sich eh nichts ändern. Und wieso können in der EU Lebensmittel noch immer nicht ordendlich gekennzeichnet werden?

  • AU
    Andreas Urstadt

    Bei solchen Dingen steckt immer der Stratege dahinter, nie der Weise. Es gibt in China die Form des Produktes nicht. Es gilt nur Wandel und Prozess. Bionormen beziehen sich auf ein ENDprodukt. Das Doppelwort existiert in China nicht.

     

    Gutes Essen (Verb) oder gutes Ernaehren gibt es allerdings, das wird aber nicht gewuenscht, sondern eine Norm. Diesen Gegenstand gibt es in China nicht. China wird zu Zielen gezwungen. Das ist unchinesisch. Produktziel, Produktionsziel. Verbote werden als Blockieren verstanden, was auch unchinesisch ist.

     

    Mit den Chinesen reden, bedeutet zu den Dingen selbst kommen. Adorno wuerde sagen, die Nahrung klappert. Das wirkt, es zeigt, dass der flow behindert ist. Die Nahrung klappert beim Essen, der Essvorgang klappert mit der Nahrung. Man muss das Unverzeihliche finden.

     

    Die chinesische Aesthetik ist sinnlich. Das Nichtwahrnehmbare gilt als nicht vorhanden. Klappern hinterlaesst keine Luecken, es klappert lueckenlos dauernd. Und es verklappert sich nicht. Unverzeihlich.

     

    Jedenfalls ist mit dem westlich offiziellen Vokabular nichts zu machen. Klar kann man verbieten, der Chinese wird darueber den Kopf schuetteln. Aber Klappern, das wird sofort gewandelt.