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Bilderberg-Konferenz in TirolGeheimniskrämer in der Alpenfestung

Im Juni findet die Bilderberg-Tagung internationaler Eliten aus Politik, Wirtschaft, Medien und Militär statt. Unklar ist, wer aus Deutschland teilnimmt.

In einem voraussichtlich ähnlich beschaulichen Tiroler Ort findet die sagenumwobene Konferenz statt. Bild: dpa

BERLIN taz | Sie ist eine Steilvorlage für Verschwörungstheoretiker: die Bilderberg-Konferenz. Vom 9. bis 14. Juni treffen sich wieder Eliten aus Wirtschaft, Politik, Medien, Militär und Universitäten, um laut eigener Aussage „den Dialog zwischen Europa und Nordamerika zu fördern“. Das geheimnisumwitterte Treffen findet seit 61 Jahren statt, dieses Mal im Interalpen-Hotel Tyrol in Telfs-Buchen bei Seefeld.

Der Tagungsort liegt damit wieder etwas ab vom Schuss, nachdem sich die Bilderberger im letzten Jahr mitten in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen trafen. Während weite Teile der Medien das Treffen ignorierten, hatte der britische Guardian damals Schnappschüsse zahlreicher Teilnehmer veröffentlicht.

Darauf zu sehen unter anderem: IWF-Chefin Christine Lagarde, Spitzenvertreter von Google und eines amerikanischen Investmentfonds, der frühere NSA-Chef Keith Alexander, Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen – und der Agnelli-Erbe John Elkann, der „stolze Besitzer des hässlichsten Kleidungsstücks, das in 700 Jahren westlicher Zivilisation hergestellt wurde“, so der launige Guardian-Kommentar angesichts Elkanns rosa Pullover mit Schulterpolstern. Solche despektierlichen Bemerkungen dürften mangels Fotogelegenheit in der Alpenfestung dieses Jahr schwerer fallen.

Offenbar sind nun die ersten Einladungen auch an deutsche Teilnehmer verschickt worden. Wie immer gibt es vorab keine Liste mit Personen. Nur Cem Özdemir (Grüne) bestätigte auf Nachfrage der taz, auch dieses Jahr wieder eingeladen worden zu sein: Eine Teilnahme plane er aber weiterhin nicht. Bei der SPD verweist man auf den „privaten Charakter“ der Veranstaltung, dazu gebe man keine Auskunft. Nur Peer Steinbrücks Büro antwortet eindeutig: Bisher sei nichts eingegangen. Steinbrück hatte 2012 teilgenommen.

Bei der Bilderberg-Konferenz würden keine Beschlüsse gefasst, keine Abstimmungen vorgenommen, keine Erklärungen abgegeben, schreiben die Veranstalter auf ihrer Homepage. Es sind keine – Achtung, Differenzierung! – Berichterstatter zugelassen: Journalisten sind aber anwesend.

Die hat seit 2013 einen Ethik-Kodex

Im letzten Jahr waren aus Deutschland Andrea Nahles’ Staatssekretär Jörg Asmussen, Norbert Röttgen (CDU), der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Springer-Chef Mathias Döpfner dabei. Anders als in früheren Jahren nahm aber kein Redakteur der Wochenzeitung Zeit teil. Nachdem Matthias Naß (früher stellvertretender Chefredakteur) 2012 nach vielen Jahren seinen Sitz im Steuerungskomitee der Bilderberg-Konferenz abgab, hätte er auf Giovanni di Lorenzo übergehen können, sagte eine Zeit-Sprecherin der taz. Er habe ihn aber nicht angenommen.

Das Steuerungskomitee stellt jedes Jahr Gäste und Programm zusammen. Von der Konferenz sickert nie auch nur ein Zitat nach draußen – und das bei Gästen vom Format eines G-7-Gipfels. Die Journalisten halten sich wie alle Teilnehmer an die sogenannte Chatham-Haus-Regel: Sie dürfen die gewonnenen Informationen zwar weitergeben, aber keine Namen oder Hinweise auf die Identität des jeweiligen Teilnehmers.

Auffällig ist, dass mit ihrer Teilnahme Redakteure der Zeit an der Steuerung transatlantischer Initiativen beteiligt waren, ohne dass ihre Funktion ausreichend transparent gemacht wurde. 2014 hatten Matthias Naß und der Redakteur Jochen Bittner in der Zeitung wohlwollend über ein Strategiepapier zweier Denkfabriken geschrieben, das zur außenpolitischen Neuausrichtung Deutschlands beitrug.

Sie kennzeichneten in ihrem Artikel aber nicht, dass Bittner an diesem Projekt selbst beteiligt gewesen war. Schon seit 2013 gibt es bei der Zeit einen Ethik-Kodex, der für mehr Transparenz sorgen soll. Die Aufgabe des Sitzes bei der Konferenz kann man als Teil dieser Bemühungen sehen. Der Springer-Verlag dementiert, den Sitz der Zeit bei der Steuerung der Konferenz übernommen zu haben.

G7-Gipfel kurz vor Konferenzbeginn

Die transatlantische Ausrichtung der Konferenz trägt wohl zu den Verschwörungstheorien bei: Von der Einführung des Euro bis zum Irakkrieg wird der Konferenz die Beteiligung an Entscheidungen von weltweiter Reichweite unterstellt.

Zuverlässige Bestätigungen einer dieser Theorien gibt es aber nicht. Jürgen Trittin, der 2012 für seine Teilnahme aus den eigenen Reihen kritisiert wurde, sagte danach, dass sich die Konferenz wenig von anderen vertraulichen Konferenzen unterscheide. Sie seien nicht für die Berichterstattung zugänglich, „damit solche Diskussionen nicht in Textbausteinen enden“. Wer dieses Jahr tatsächlich teilnehmen wird, teilen die Organisatoren wohl wieder erst während der Konferenz mit.

Nicht einmal 30 Kilometer entfernt endet einen Tag vor Beginn der Bilderberg-Konferenz der G-7-Gipfel. Ursprünglich sollte der vom 4. bis 6. Juni stattfinden, wurde dann aber auf den 7. und 8. Juni verschoben. Der eine oder andere Teilnehmer wird so bequem an beiden Konferenzen teilnehmen können.

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7 Kommentare

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  • Ich kann es auch gern kurz zusammenfassen: Bilderberg, Trilaterale Kommission, Atlantikbrücke sollten überzeugend nachweisen, daß sie demokratisch und vor allem transparent agieren. Ansonsten ist ihnen grundsätzlich nicht zu trauen. Kritische linke Zeitungen wie die TAZ (immer noch?) solllten Konferenz und Protagonisten stets im Auge behalten - wie reagieren diese der jeweils neuesten Bilderberg-Konferenz? Was hier läuft, ist Korruption auf höchster Ebene. Dagegen sind deutsche reiche Steuerhinterzieher (denen der letzte beseitegeschaffte Cent abgenommen werden sollte!) Peanuts. Allein, wenn ich an die sagenhaften Rüstungsgeschäfte denke ... Stupid, it's capitalism!

  • Bilderberg ist Verschwörungspraxis par excellence (im Gegensatz zur geschmähten -theorie, die bisher den weltlauf nicht beeinflussen konnte). Daß hier nicht versucht wird, "Weltenlenker" auf Linie der USA zu trimmen, könnte nur durch komplette Offenlegung aller Gesprächsinhalte seit Gründung widerlegt werden. Kurz und bündig: Der Westen hat sich Demokratie auf die Fahnen geschrieben, und nach diesem Demokratieverständnis ist es ganz und gar unmöglich, daß geheime Konferenzen von Politik, Kapital, Militär und Medien stattfinden. Funktionierende Demokratien würden deshalb Bilderberg zu verhindern suchen, ihnen nirgends Gastrecht gewähren, die Organisation selbst als extremistisch einstufen und sie mit allen Mitteln, die einer solchen Gefährdung der Gesellschaft angemessen sind, verfolgen. - Funktionierende Demokratien, wohlgemerkt.

  • Wäre es nicht schön, wenn sich viel häufiger die hellsten Köpfe der Gesellschaft(en) einfach mal einschließen und sich austauschen ohne, dass gleich jedes Wort und die entsprechende Deutung auf der ganzen Welt veröffentlicht wird?

  • Ich glaube, die Bedeutung der "Bilderberger" wird maßlos überschätzt. Mit Glück sind die Teilnehmer zu 90 % nur die vierte oder fünfte Ebene (von oben gesehen), quasi die Exekutoren.

    Sie haben anzutreten zur Berichterstattung, zur Kontrolle der Linientreue und zum Weisungsempfang. Etwas zu sagen oder Einfluss zu nehmen: Dafür sind sie nicht da.

    Mag sein, sie sind auch nur die "Fünfte Kolone".

     

    Aber wer steht darüber? Denkbar:

    Alteingesessene Superreiche? Eher unwahrscheinlich, weil die sich untereinander nichts gönnen.

     

    Netzwerk der Geheimdienste? Gut möglich, weil sie ausserhalb jeder Kontrolle operieren dürfen und faktisch Politik und Wirtschaft erpressen können (siehe häufige 181-Gradwende nach der Wahl).

     

    Niemand im Hintergrund? Auch denkbar.

  • @Mowgli:

    Mein lieber Mann: „Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.“ hatter jesacht, der Liebermann.

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Liebermann#Zeit_des_Nationalsozialismus

  • Verschwörung, Verschwööörung... Und ich kann mich gar nicht so viel kitzeln, wie ich über die Verschwörungsheinis machen könnte. :-)

  • Kurz vor dem Ende der DDR hatte der Bewohner eines völlig maroden Hauses an einer der Hauptzufahrtsstraßen meiner Heimatstadt ein großes Schild ins Fenster gehängt, auf das er angesichts der eklatanten Demokratie-Defizite im Land der Arbeiter-und-Bauern-Elite geschrieben hatte: "Ich kann gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte." Bis heute ist dem nichts hinzuzufügen.