Bilanz des Revolutionären 1. Mai: Friedlich, aber nicht unumstritten

Die Revolutionäre 1. Mai-Demo verläuft ruhig, nur am Ende kommt kurz Hektik auf; es gibt 59 Festnahmen. Kritik gibt es an palästinensischen Gruppen.

Ein Ploizist versprüht Pfefferspray am dunklen Oanienplatz, nicht nach vorne, sondern nach oben

Orientierungslos auf dem O-Platz Foto: dpa

BERLIN taz | Als plötzlich ein lauter Technobeat aus einer Bar kurz vor dem Oranienplatz über die Straße schallt, verstummen die „Ganz Berlin hasst die Polizei“-Sprechchöre aus dem hinteren, schon schwarz-bunten Teil des anarchistischen Blocks urplötzlich. Leute werfen Arme in die Luft, manche kreischen und beginnen zu tanzen. Die revolutionäre Umwälzung der Verhältnisse, für die sich die De­mons­tran­t:in­nen in entsprechender Ernsthaftigkeit mehr als zwei Stunden von Neukölln nach Kreuzberg bewegt hatten, ist wichtig. Aber ein Rave ist in Berlin immer eine Option.

Keine fünf Minuten später kommt es doch noch zu den Bildern, für die der Revolutionäre 1. Mai bekannt ist: Auf dem dunklen, nur teilweise mit mobilem Flutlicht ausgeleuchteten und ringsherum abgesperrten Oranienplatz fliegen vereinzelt Flaschen und Böller; Po­li­zis­t:in­nen attackieren den Black Block, den sie seit der Sonnenallee im Spalier begleitet hatten, mit Pfefferspray, ziehen einzelne Personen heraus.

Polizeitrupps eilen mit großer Geschwindigkeit rabiat schubsend durch die Menge – seit Jahren ihre Strategie zur Auflösung kompakter Ansammlungen. Nach einer Viertelstunde hat sich die Szenerie aber beruhigt. Das Verlassen des Platzes wird den Men­sch:in­nen jedoch erschwert, nur einzeln durch Schleusen geht es hinaus.

Noch in der Nacht spricht die Polizei vom „friedlichsten 1. Mai seit Jahrzehnten“. Die am Montag präsentierte Bilanz von 59 Festnahmen und 29 leicht verletzten Po­li­zis­t:in­nen spricht dafür. Das Demobündnis kritisiert Angriffe der Polizei und spricht von Verletzten durch den Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken. Im Gesamtbild aber war wenig passiert. Nur auf die Wache an der Wildenbruchstraße und davor postierte Po­li­zis­t:in­nen waren einige Feuerwerkskörper geflogen.

Am hermetisch abgeriegelten Kotti, dem Ort, wo die geplante Polizeiwache für mächtig Unmut sorgt, blieb es dagegen ruhig. Mit etwa 20.000 Teil­neh­me­r:in­nen – die Polizei spricht von 14.000 – war die Demo mindestens so groß wie im vergangenen Jahr; anders als die deutlich geschrumpfte Fahrraddemo in den Grunewald.

Öffentliche und mediale Kritik an der 18-Uhr-Demo löste die Teilnahme einiger propalästinensischer Gruppen, die sich auf Schildern für die Intifada und in Sprechchören gegen die Existenz Israels aussprachen, nach Polizeiangaben jedoch „keine strafrechtlich relevanten“ Inhalte verbreiteten. Das Demo-Bündnis um die Migrantifa verwahrte sich in einer Mitteilung am Montag gegen den Antisemitismusvorwurf und sprach von einer Kriminalisierung: Das Bündnis stelle sich „entschieden gegen Antisemitismus“.

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