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Big Business sucht nach grünem Image

Internationale Unternehmen präsentieren sich auf dem Gipfel als verantwortungsvolle Umweltschützer. Doch hinter den Kulissen machen sie Druck gegen wirksame Maßnahmen. NGOs fordern deshalb globale Haftung für Verschmutzer

JOHANNESBURG taz ■ An BMW kommt keiner vorbei. Die Münchner Autobauer haben den zentralen Platz im Kongresszentrum Sandton mit großen weißen Rundzelten vollgestellt, in der Mitte thront eine BMW-Karosse mit Wasserstoffantrieb. So präsentiert man sich und das Auto der Zukunft.

An Flughäfen, Straßenecken, in Pavillons und im Konferenzzentrum von Johannesburg ist nicht zu übersehen: Die Wirtschaftsunternehmen haben den UN-Gipfel entdeckt. BP Solar wirbt für sein Sonnenenergie-Programm, Bayer Crop Science für die grüne Gentechnik und der Weltverband der chemischen Industrie für die Sicherheit seiner Produkte. Über 100 internationale Unternehmen von ABB bis Toyota haben sich extra für den UN-Gipfel in der „Wirtschaftsaktion für nachhaltige Entwicklung“ (BASD) zusammengefunden. Die 700-köpfige Delegation will sicherstellen, dass „die Stimme der Wirtschaft gehört wird“, und darstellen, „wie die Wirtschaft zur nachhaltigen Entwicklung beitragen kann“. Vor allem setzt die Wirtschaft auf freiwillige „Typ-2-Abkommen“, mit denen sie ihre Fortschritte demonstrieren will.

Die Beteiligung der Wirtschaft ist nur folgerichtig. Bereits in Rio war der „Weltrat der Unternehmen für nachhaltige Entwicklung“ (WBCSD) ebenso wie die NGOs in die Verhandlungen einbezogen. Die „Zivilgesellschaft“ trägt seitdem nicht nur Birkenstock, sondern auch Brioni. Für die UN war klar: Ein Gipfel, der sich mit der wirtschaftlichen Globalisierung befasst, muss die mächtigsten Akteure dieser Entwicklung beteiligen. Und die Unternehmen haben gemerkt, dass die Entscheidungen eines UN-Gipfels wie die Konventionen zum Klimaschutz und zur Biodiversität von Rio durchaus ihre Geschäftsinteressen beeinträchtigen können. Und wollen deshalb ein Wörtchen mitreden.

Eingeladen nach Johannesburg wurden die Konzerne von UN-Generalsekretär Kofi Annan persönlich. Er rief vor zwei Jahren den „Global Compact“ ins Leben. Darin sollen sich internationale Unternehmen freiwillig verpflichten, Mindeststandards bei Umweltschutz, Menschenrechten und Arbeitsbedingungen einzuhalten. Bisher sind der Initiative mehrere hundert Unternehmen beigetreten.

NGOs kritisieren den Global Compact allerdings als Einladung zum „Bluewash“: Ohne klare Kriterien für eine Beteiligung biete die UNO den Konzernen ihr blaues Logo zu Werbezwecken an. So kann sich beispielsweise der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé als Mitglied des Global Compact mit den Farben der UNO schmücken, obwohl das Unternehmen von vielen Entwicklungsgruppen heftig kritisiert wird: In Ländern der Dritten Welt hatte es damit geworben, die Nestlé-Babymilch sei für Babys besser als die Muttermilch.

Den NGOs ist das Engagement der Konzerne auf dem Gipfel nicht verborgen geblieben. Internationale Umweltschützer von „Friends of the Earth“ fordern deshalb eine UN-Konvention zur „Corporate Accountability“: Transnationale Unternehmen sollen verpflichtet werden, sich weltweit an Umwelt- und Sozialstandards zu halten. Ein internationales Haftungsrecht soll garantieren, dass die Unternehmen für ihre Handlungen im Zweifel zur Rechenschaft gezogen werden. Was der Wirtschaft gar nicht passt. „Wir sind für mehr Transparenz, aber wir glauben, dass sie freiwillig geschehen muss“, sagt BASD-Sprecherin Barbara Dubach.

Zwischen deutschen Umwelt- und Entwicklungsgruppen und dem Bund der Deutschen Industrie (BDI) herrscht im Augenblick Funkstille. Zwar wollte die Bundesregierung in Johannesburg eigentlich damit werben, dass sich deutsche Industrie und NGOs auf verbindliche Richtlinien für die Direktinvestitionen deutscher Firmen im Ausland einigten. Doch der Vorstoß scheiterte, weil die Umwelt- und Entwicklungsgruppen verbindliche Regelungen festschreiben wollten. Das aber, so Gunter Schall vom BDI, ging den Unternehmen zu weit. „Das wäre ein weiterer Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Firmen gewesen.“ BERNHARD PÖTTER

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