Biden telefoniert mit Selenski: Diplomatie per Telefon

Schon lange war Telefon in den USA bei Krisen zentral. Die bilaterale Absprache ist jedoch schwierig.

US-Präsident Joe Biden mit angestrengtem Gesicht zieht die schwarze Mund-Nasen-Maske unter das Kinn

Außenpolitische Krisen sind das Letzte, was er jetzt braucht: Joe Biden am Neujahrsabend Foto: Carolyn Kaster/ap

US-Präsident Joe Biden versucht aktuell mithilfe des guten alten Telefons eine mögliche Invasion der Ukraine durch russische Streitkräfte zu verhindern. Die Gespräche zwischen Kiew, Moskau und Washington sorgen international für Schlagzeilen, doch in der amerikanischen Bevölkerung ist die Situation im entfernten Osteuropa nichts weiter als eine kleine Randnotiz.

Die außenpolitischen Bemühungen des Weißen Hauses verblassen aktuell vor dem Hintergrund der explodierenden Corona-Fallzahlen im Land und dem bevorstehenden Jahrestag vom Sturm auf das US-Kapitol. Trotzdem geht es bei den Verhandlungen über die Ukraine-Krise um einiges für die USA. Denn nach vier schwierigen Jahren unter Ex-Präsident Donald Trump und dem Debakel beim Truppenabzug aus Afghanistan ist das Vertrauen in Washington angeschlagen.

Wie kann es Biden also schaffen, außenpolitische Stärke zu zeigen und gleichzeitig die USA nicht in einen neuen Konflikt zu verwickeln? Im Moment setzt Washington auf Telefondiplomatie. Der US-Präsident sprach noch vor dem Jahreswechsel mit Putin. Während des Gesprächs sollen beide Männer ihre Positionen nochmals untermauert haben. Russland will Sicherheitsgarantien vom Westen, unter anderem, dass es zu keiner Nato-Osterweiterung kommen werde.

Die USA drohen im Gegenzug mit drastischen wirtschaftlichen Sanktionen, sollte Moskau es wagen, die Ukraine anzugreifen. Am Sonntag telefonierte Biden dann mit dem ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenski und sicherte ihm die volle Unterstützung zu. Auch mit Nato-Verbündeten und europäischen Partnern stehen die USA in ständigem Kontakt. Telefondiplomatie ist natürlich nichts Neues.

Nach den Ereignissen der Kubakrise zu Beginn der 1960er-Jahre einigten sich die USA und die damalige Sowjetunion darauf, eine direkte Kommunikationsmöglichkeit zwischen beiden Regierungen einzurichten. Dies war die Geburt des „Red Telephone“, das in Wirklichkeit nie ein Telefon war.

Trotzdem haben auch Telefongespräche immer wieder eine wichtige Rolle gespielt. Bereits 2014 ging es bei einem 90-minütigen Gespräch zwischen US-Präsident Barack Obama und Putin um die Ukraine. Auch damals rief Washington zur Deeskalation und Diplomatie auf. Der Erfolg blieb aus. Unter Trump kam dann Twitter-Diplomatie hinzu. Auch hier blieb der Erfolg aus.

Um Szenen wie beim chaotischen US-Truppenabzug aus Afghanistan zu vermeiden, wollen die USA in der aktuellen Krise keine Entscheidungen ohne die Mitsprache von Verbündeten treffen. Diese fühlten sich beim Thema Afghanistan vor den Kopf gestoßen. Innerhalb der nächsten 14 Tage wird es deshalb zu mehreren diplomatischen Gesprächen kommen. Nicht bei allen werden jedoch Europäer am Tisch sitzen.

Aufgrund der anhaltenden Reisebeschränkungen durch Corona wird auch in Zukunft das Telefon bei internationalen Angelegenheiten eine tragende Rolle spielen. Denn wie viele von uns während der vergangenen zwei Jahre schmerzhaft erfahren haben, nicht jeder kommt mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten Zoom, Microsoft Teams usw. zurecht. Und eine neue Krise, nur weil jemand den Stummschaltknopf nicht finden konnte – das ist es dann doch nicht wert.

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