Biden, Söder und Trump: Greise drehen sich im Kreis
Der eine pöbelt und zetert. Der andere schläft beim Sprechen fast ein. Was ist nur los beim etwas senilen Polit-Altherrenduo in den USA?
t az: Was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Gegen Macrons politisches Zocken war Gerhard Schröder besonnen.
Und was wird besser in dieser?
Gegen Gerhard Schröders politisches Zocken ist Olaf Scholz besonnen.
Joe Biden hat in seiner Amtszeit bislang alle Probleme aus dem Weg geräumt – zuletzt die Causa Assange. Scheitert er nun an ein paar schlecht formulierten Sätzen?
Die Biden-Administration hat eine gute innenpolitische Bilanz: Wirtschaft, Jobs, Modernisierung. Nach dem Greisengipfel im TV ist man versucht, es auch genau so zu sehen: gute Administration mit dem Namen einer amtierenden Stotterbremse, die alltags nicht weiter stört. Biden scheitert nicht daran, dass ein 81-Jähriger ein 81-Jähriger ist. Sondern, dass der das wusste und keine aussichtsreiche Nachfolge aufbaute.
Wo wir bei der Performance sind: CSU-Chef Markus Söder gilt, besonders bei der Schwesterpartei CDU, als extrem unsympathisch. Hat seine Gesangseinlage in der Sendung „Inas Nacht“ etwas daran ändern können?
Mit todesstarren Augen furcht Söder sich durch raue Wogen eines alten Freddy-Quinn-Schlagers. Erst beim fünften Refrain löst sich sein Blick, uff, geschafft: Ich wette 100 Euro darauf, dass es den NDR-Kollegen gelungen ist, in der quetschvollen Schunkelkammer „Schellfischposten“ einen Teleprompter oder Textpappen wegzufotografieren. Respekt. Karaoke wäre auch okay gewesen, doch Söder als ehemaliger Redakteur beim Bayerischen Rundfunk geht’s halt professionell an. Er teilt mit vielen PolitikerInnen, dass es kein absichtsfreies Handeln mehr gibt. „Ich nehme mich nicht so ernst“, „ich kann auch im Norden“, die klassische „privat bin ich ganz anders“-Nummer. Das muss man auch nicht überinterpretieren, ist Handwerk und nervt halt die, die es schön fänden, wenn Söder privat und ganz anders wäre.
Ein*e Thüringer Antifaschist*in, Maja T., soll nach Ungarn ausgeliefert werden, hat das Berliner Kammergericht entschieden. Ein wenig Richterschelte – oder ist der eigentliche Skandal, dass Ungarn unter Orbán immer noch EU-Mitglied ist?
Maja T. ist inzwischen ausgeliefert und damit ausgeliefert. Orbáns Justiz, auch den durchaus binären Haftbedingungen dort. Gegen eine Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die das ausführende LKA Sachsen nicht beachtete, oder weil schon Transitland Österreich zuständig war oder Telefon kaputt oder na ja – schwupps, weg. Was also Orbán vorzuwerfen sein mag, können Teile unseres Rechtssystems auch schon ganz alleine prima orbánisieren.
Seit Donnerstag ist das neue Staatsangehörigkeitsgesetz in Kraft. Haben Sie etwas daran auszusetzen?
Das Gesetz ist zu gut für diese Welt. Finden jedenfalls seine Macher: Einbürgerung sei „aber auch strenger geworden“, „Kriterien wurden deutlich verschärft“ und allerhand Türsteher-Folklore für unsere ausländerfeindlichen Mitbürger. Dahinter kommen dann eine schnellere Einbürgerung, Mehrstaatlichkeit, Respekt gegenüber der „Gastarbeitergeneration“ und für Kinder ein Recht des Ortes statt des Blutes. Damit’s nicht gar so vernünftig und real daherkommt, wurde einmal ordentlich durchpolitisiert. „Neue Prüfungsfragen zum Existenzrecht Israels“, Bekenntnis gegen Mehrehe und für Geschlechtergerechtigkeit, Einigkeit und Recht und Sozialkunde-Grundkurs. Glücklich, wer den Adler-Pass schon hat; bei manchen Themen würden etwa Teile Ostdeutschlands rausfliegen.
Katrin Vernaus (neue WDR-Intendantin) Gehalt soll laut WDR-Angaben „deutlich unterhalb“ des Gehalts ihres Vorgängers Tom Buhrow liegen. Sind das gute Nachrichten?
Vernaus Wahl bedeutet eher „Sparen“ als ihre Gegenkandidaten Helge Fuhst – Reformen – und Jörg Schönenborn – Kontinuität. Dass nun „form follows function“ das Sparen beim Spitzengehalt beginnt, hätte die anderen auch getroffen. Den hohen Symbolgehalt von Buhrows außerirdischen Bezügen haben die ÖRR spät kapiert, ARD-Chef Gniffke ging schließlich mit gutem Beispiel voran und bat den Verwaltungsrat, sein niedrigeres Gehalt noch mal zu senken. Verwaltungsdirektorin Vernau bezieht derzeit rund 200.000 Euro jährlich, bekam als RBB-Saniererin 300.000, und vielleicht wird die neue Zahl im Vorabendprogramm gelost. Es gibt nur neun ARD-Anstalten, das ist der komplette Arbeitsmarkt für solche Leute. Schon ein ZDF-Bewerber auf den WDR-Job fiel raus, weil er „keinen Stallgeruch“ habe. Kurz: Die ÖRR sollten die Realität ihrer Zahlenkunden lernen: „Wenn dir das Gehalt nicht passt – draußen warten noch fünf auf den Job.“
Und was macht der RWE?
Panik! RWE hat neuen Sponsorendeal. Ich so: Weia. Auf die Homepage, irgendwas mit Computersensoren. Rest Buzzwordhagel. „Panzer“ kam nicht vor. Puh. Fragen: waam
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf
Getöteter General in Moskau
Der Menschheit ein Wohlgefallen?
Wirtschaft im Wahlkampf
Friedrich Merz und die Quadratur des Kuchens
Ministerpräsidentenwahl in Sachsen
Der Kemmerich-Effekt als Risiko