Bewegungstermine in Berlin: Immer wieder im Kiez nach den Rechten sehen
Man muss auf seine Umgebung aufpassen. Tut man es nicht, hat man plötzlich mit einem Naziproblem zu kämpfen – oder mit einem Abschiebeknast.

V on Zeit zu Zeit muss man in seinem Zuhause mal nach dem Rechten schauen. Tropft irgendwo ein Wasserhahn? Entsteht in der Dusche ein Schimmelfleck? Wie geht es der älteren Nachbarin von gegenüber, sollte man da mal wieder nach dem Rechten schauen? Auf das eigene Zuhause aufzupassen, hat etwas mit Achtsamkeit zu tun. Es ist aber auch Eigennutz: Denn wo man im Jetzt Probleme verhindert, verhindert man womöglich, dass es später einmal wirklich teuer wird.
Aber die Achtsamkeit darf nicht an der eigenen Haustür enden. Ganz Berlin ist das Zuhause der Berliner:innen, weshalb es Sinn macht, auch mal nach den Rechten zu sehen. Denn mal ehrlich: Was ist schon ein tropfender Wasserhahn im Vergleich zu einem grassierenden Naziproblem im Außenbezirk?
Wenn man so etwas entdeckt – etwa Jungfaschos, die besoffen durch den Kiez laufen und vermeintliche Ausländer:innen terrorisieren -, ist es wichtig, nicht vor der Hässlichkeit des Problems zurückzuschrecken. Nein, dann hilft dann nur Arme hochkrempeln, um den Nazis wieder klarmachen, dass ihr Nazisein Probleme bedeutet. Am Freitag (11. Juli) rufen Antifas in Marzahn unter dem Motto „Nach den Rechten schauen“ auf die Straße, um der rechten Hegemonie dort etwas entgegenzusetzen (Eastgate, 18 Uhr).
Straßenfeste in Kreuzberg und Mitte
Woanders klappt die Kiezpflege schon besser. Zahlreiche Nachbarschaften wehren sich teils seit Jahrzehnten gegen Verdrängung, Polizei und Nazis. Zeit, das auch einfach mal zu feiern! Am Samstag (12. Juli) finden gleich drei Straßenfeste statt.
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Am Kreuzberger Blücherplatz organisiert das Kunst- und Kulturcafé Bavul ab 13 Uhr ein „Festival gegen Rassismus“. Ziel der Veranstaltung ist es, die Perspektiven von Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, die von der gegenwärtigen rassistischen Entmenschlichung und Entrechtung von Migrant:innen selbst betroffen sind. Mit Musik, Workshops, Diskussionen und Kunst soll stattdessen die postmigrantisch-demokratische Gesellschaft zelebriert werden.
Ab 12 Uhr startet derweil in der Kohlfurter Straße nahe des Kottbusser Tors ein „Straßenfest für einen solidarischen Kiez“. Die Kohlfurter Straße ist ein Musterbeispiel für ein Kiez, wo man aufeinander achtet. In den 1980er Jahren war die Straße Schauplatz von Hausbesetzungen, wodurch einige Häuser der Spekulationsgier von Investoren entzogen werden konnten. Nun feiert die Nachbarschaft ihre Solidarität miteinander und über den Kiez hinaus – mit einem Kinderprogramm, Essen und Trinken, Siebdruck, Infoständen und mehr.
Unachtsam mit der Stadt umgegangen sind Politik und Investoren dagegen in Mitte. Hier sieht schon fast alles genau so aus, wie es überall auf der Welt aussieht, wo die schrecklich gleichmachende Kraft des Kapitals ungehindert wütet. Zum Glück gibt es noch Inseln des Widerstands: Die Hausprojekte in der Brunnenstraße 6/7 und der Linienstraße 206, die an dem Samstag (12. Juli) ein Geburtstags- und Hoffest veranstalten. Los geht es um 13:12 Uhr.
Protest gegen Abschiebungen
Ein großes Problem ist indes, wenn in der eigenen Nachbarschaft ein riesiges Abschiebezentrum entsteht, wie in Schönefeld beim Flughafen BER. Aktivist:innen zufolge könnten in dem euphemistisch „Ein- und Ausreisezentrum“ genannten Gebäudekomplex bis zu 156 Menschen eingesperrt werden, um ihr Asylverfahren unter haftähnlichen Bedingungen durchzuführen. Andere könnten hier eingeknastet werden, um auf ihre Abschiebung zu warten.
Geplant hat das Zentrum übrigens der wegen Korruption vorbestrafte Investor Jürgen B. Harder. Kosten soll der Spaß nicht weniger als eine halbe Milliarde Euro (!), Harder selbst könnte mit dem krummen Deal Schätzungen zufolge wahnwitzige 200 Millionen Euro Gewinn machen. Doch noch ist es nicht zu spät, diesen irren Plan abzuwenden. Die Gemeindevertretung muss dem Bauplan noch zustimmen. Höchste Zeit, auch da mal mit einer kräftigen Demo nach dem Rechten zu schauen (Sonntag, 13. Juli, Rathaus Schönefeld, 14 Uhr).
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