Betrugsvorwürfe in Afghanistan: Wahlfälschungen spalten UN-Mission
Der stellvertretende UN-Sondergesandten Galbraith hat seine Entlassung kritisiert. Er wollte neue Stimmauszählungen und wurde deswegen von Psäsident Karsai attackiert.
DELHI/KABUL/NEW YORK taz/dpa | Der bisherige stellvertretende UN-Sondergesandte für Afghanistan, Peter Galbraith, hat seine Entlassung durch die Vereinten Nationen als "schreckliches Signal" kritisiert. Galbraith warf dem UN-Sondergesandten für Afghanistan, Kai Eide, in der BBC am Mittwochabend vor, Betrug bei der Präsidentschaftswahl am Hindukusch zu verharmlosen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte Galbraiths Einsatz am Mittwoch ohne Angabe von Gründen beendet.
Er war der ranghöchste US-Vertreter in der Kabuler UN-Mission. Er sagte, die Vereinten Nationen verfehlten ihr Mandat, wenn sie die "umfassenden Beweise von Wahlbetrug" nicht ansprächen. Sein Vorgesetzter Eide habe versucht, die Betrugsvorwürfe unter den Teppich zu kehren. "Wir wussten, dass die Wahlbeteiligung in den südlichen Provinzen sehr niedrig war, obwohl eine große Zahl Stimmen von dort gemeldet wurde."
Galbraith gilt als Vertrauter von Richard Holbrooke, dem US-Sondergesandten für Pakistan und Afghanistan. Über die Frage, welche Haltung die UN-Mission zu den Wahlbetrugsvorwürfen einnehmen sollte, kam es Mitte September zum Bruch zwischen Eide und seinem Stellvertreter Galbraith. Eide vertritt eine moderate Haltung gegenüber der Regierung in Kabul. Er fordert, nur die Ergebnisse von 1.000 der 6.500 Wahllokale neu auszuzählen. Galbraith dagegen wollte die Stimmen von 1.000 Wahllokalen annulieren, die von 5.000 weiteren neu auszählen lassen. Präsident Hamid Karsai hatte sich bereits über Galbraith beschwert.
Mehr als ein Dutzend hoher UN-Mitarbeiter in Kabul sollen hinter Galbraith stehen. Auch immer mehr Menschenrechtsgruppen und Nichtregierungsorganisationen in Kabul fordern einen zweiten Wahlgang, um die Manipulationsvorwürfe auszuräumen.
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