Betätigungsverbot für Terrorgruppe: Razzien gegen Hisbollah
Deutschland verbietet der islamistischen Organisation aus dem Libanon sämtliche Aktivitäten hierzulande. PolizistInnen durchsuchten Vereine und Moscheen.
![Einsatzkräfte stehen an der Straße vor der Moschee der Al-Mustafa-Gemeinschaft in Bremen. Einsatzkräfte stehen an der Straße vor der Moschee der Al-Mustafa-Gemeinschaft in Bremen.](https://taz.de/picture/4120292/14/Polizei-1.jpeg)
Die Hisbollah stammt aus dem Libanon und hat hierzulande offiziell keinen Ableger. Ihre Anhänger halten dennoch untereinander Kontakt. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden nutzt die vom Verfassungsschutz als „terroristische Vereinigung“ eingestufte Gruppierung Deutschland vor allem als Rückzugsraum und zum Sammeln von Spenden.
Der Bundestag hatte die Bundesregierung zuvor aufgefordert, ein Betätigungsverbot für die Hisbollah zu erlassen. Ein entsprechender Antrag wurde im Dezember mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP beschlossen. AfD, Linke und Grüne enthielten sich.
Das Betätigungsverbot bedeutet aus Sicht des Ministeriums auch, dass Kennzeichen der Hisbollah nicht mehr gezeigt werden dürfen. Außerdem kann Vermögen eingezogen werden. Versammlungen von Hisbollah-Anhängern sind nunmehr verboten. Beim sogenannten Al-Kuds-Marsch, einer anti-israelischen Demonstration, die alljährlich in Berlin stattfindet, war das Zeigen von Hisbollah-Fahnen bereits in den vergangenen Jahren verboten gewesen. Das Symbol der Gruppe ist ein grüner Schriftzug auf gelbem Grund mit einer Hand, die ein Sturmgewehr hält.
Lob von Israel und den USA
Mit Anschlägen in Deutschland oder Auswirkungen auf deutsche Interessen im Libanon als Folge der Verbotsverfügung rechnet die Bundesregierung nicht.
Israel, Saudi-Arabien und die USA dringen seit Jahren darauf, dass Deutschland nicht nur den militärischen, sondern auch den politischen Arm der vom Iran unterstützten Bewegung wie eine Terrorgruppe behandeln soll. Entsprechend lobten Israel und die USA das Betätigungsverbot für Hisbollah in Deutschland am Donnerstag. „Wir begrüßen diesen äußerst bedeutenden und sinnvollen Schritt Deutschlands bei der Bekämpfung des internationalen Terrors“, schrieb der israelische Botschafter in Berlin, Jeremy Issacharoff, am Donnerstag auf Twitter.
Sein US-Kollege Richard Grenell erklärte: „Die Entscheidung der Regierung zu handeln, spiegelt die Entschlossenheit des Westens wider, sich der globalen Bedrohung durch die Hisbollah zu stellen.“
Die Hisbollah (arabisch für „Partei Gottes“) erkennt das Existenzrecht Israels nicht an und ruft zum bewaffneten Kampf gegen den jüdischen Staat auf – auch mit terroristischen Mitteln. Im Libanon ist die Hisbollah an der Regierung beteiligt.
Die Sicherheitsbehörden rechnen in Deutschland bis zu 1050 Menschen dem „extremistischen Personenpotenzial“ der Hisbollah zu. Die Angehörigen der Organisation und ihre Sympathisanten treffen sich in einzelnen Moscheevereinen. Sie schotten sich nach Beobachtungen der Behörden dabei oft ab und verhalten sich konspirativ, um nicht aufzufallen. In der Verbotsverfügung heißt es: „Zum Teil bekunden die Anhänger der Organisation jedoch auch offen ihre Anhängerschaft auf Internetseiten und in sozialen Medien.“ Die Ideologie der Hisbollah richtet sich nach Einschätzung der deutschen Behörden gegen den Gedanken der Völkerverständigung.
Die 1982 im Libanon gegründete Bewegung wird für zahlreiche Anschläge gegen Israel verantwortlich gemacht. In Deutschland war bislang wie in den meisten anderen EU-Staaten nur der militärische Arm verboten, der politische Arm dagegen erlaubt. Die EU hatte den militärischen Teil 2013 auf die Terrorliste gesetzt. Großbritannien stufte die Organisation im März 2019 aber in ihrer Gesamtheit als terroristisch ein und folgte damit unter anderem den Niederlanden, den USA und Kanada. Israel dringt seit langem auf einen solchen Schritt auch in Deutschland.
Das Innenministerium hatte 2008 bereits ein Betätigungsverbot für den Fernsehsender der Hisbollah, Al-Manar TV, ausgesprochen. 2014 wurde ein der Hisbollah zugerechneter Spendensammelverein verboten, der in Deutschland unter dem Namen „Waisenkinder Libanon Projekt“ firmierte.
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