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Besuch in Neu-DelhiEU und Indien wollen Freihandelspakt

Frühere Verhandlungen scheiterten, jetzt soll es schnell zum Deal kommen. Das liegt unter anderem an der aggressiven US-Handelspolitik.

Wollen mehr zusammenarbeiten: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Indiens Premier Narendra Modi Foto: Altaf Hussain/rtr

Mumbai taz | Was sich über eine Dekade hingezogen hat, könnte nun unter dem Druck des von den USA angefachten Handelskonflikts zügig zum Abschluss kommen: ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Indien.

„Europa ist Indiens größter Handelspartner“, betonte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag auf einer Pressekonferenz in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Im vergangenen Jahr habe der bilaterale Handel einen Warenwert von 120 Milliarden Euro erreicht und sich damit innerhalb von zehn Jahren verdreifacht.

Indiens Premier Narendra Modi unterstrich seine Entschlossenheit zur Kooperation: „Wir haben eine Blaupause für die Zusammenarbeit erstellt“, sagte er. „Unsere Teams haben den Auftrag, bis Ende des Jahres ein für beide Seiten vorteilhaftes Freihandelsabkommen abzuschließen.“

EU und Indien nähern sich durch Trump an

Die neue Linie in Washington sei einer von mehreren Faktoren, die die EU und Indien einander näher brächten, sagte ein EU-Beamter, der an der Reise teilnahm. US-Präsident Donald Trump droht derzeit sowohl Indien als auch der EU mit Zöllen.

Die EU wünscht sich von Indien eine Senkung von Importsteuern auf Autos, Wein und Spirituosen. Indien fordert dagegen besseren Zugang zum Markt für Pharmazeutika und Textilien. Zuletzt konnte sich Indien schon mit Australien und den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation – Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz – auf ein Handelsabkommen einigen.

Deutsche Wirtschaftsvertreter wie Andre Eckholt von der Hettich Unternehmensgruppe versprechen sich von einem Abkommen einen leichteren Marktzugang für Waren und Dienstleistungen in Indien, niedrigere Zölle, mehr Mobilität für indische Fachkräfte – und weniger Abhängigkeit von China. „In Summe gewinnt der Standort Indien vor dem geopolitischen Hintergrund weiter an Bedeutung, Stichwort: De-Risking der Lieferkette von China“, so Eckholt.

Die Indien-Expertin Tanvi Madan vom Center for Asia Policy Studies der US-Denkfabrik Brookings Institution sieht Vorteile für beide Verhandlungspartner. „Es wäre sowohl für Indien als auch für die EU gut, wenn ein Freihandelsabkommen endlich gelänge“, sagte sie. Das erfordere aber Kompromisse.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Ranja Sengupta von der gemeinnützigen Organisation Third World Network warnt dagegen, dass Indien bei Freihandelsabkommen mit Industrieländern oft den Kürzeren ziehe. Am Wochenende wurde noch weiter diskutiert – mit Indiens Handelsminister Piyush Goyal und EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič in Mumbai.

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1 Kommentar

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  • Ooch Kinners,



    Geht es noch ohne "Deals"?



    Da sitzt ein orangener Geront an den Schalthebeln der Macht, der sich für den größten Dealer der Welt hält und ruiniert selbige nach Kräften. Schlimm genug.



    Da wäre es doch nicht zuviel verlangt, wenigstens nicht auch noch sein Vokabular (und auch nicht Wording!) zu übernehmen.



    Danke, gern geschehen.