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Bessere Software-Einstellung für GeräteKillerroboter im Angriffsmodus

Hersteller von technischen Geräten verschieben die Verantwortung für eine angemessene Nutzung auf Verbraucher:innen. Das ist unglaubwürdig.

Gefahr für Igel und andere kleine Lebewesen: der Mähroboter Foto: Monika Skolimowska/dpa

M it den ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen geht es wieder los: Roboter, die nachts ihr Unwesen treiben. Sie streifen in der Dunkelheit nahezu lautlos durch die Vororte und töten alle Lebewesen, die ihnen vors Messer laufen oder fliegen – nur um danach wieder an ihre Basisstation zurückzukehren, ungeachtet der Leichen, die sie hinterlassen. Stoff aus einem Horrorfilm? Nein, Realität, leider. Die ist zwar manchmal auch Horror, aber weniger Science Fiction. Denn die gefährlichen Roboter sind in diesem Fall keine übermenschengroßen Maschinen mit gruselig starrem Gesicht und merkwürdigem Gang. Sondern kleine Kästen, die mit ihren Rädern ganz leise und fast schon tollpatschig über den Rasen surren.

Und ganz ehrlich: Die Rasenmäherroboter können überhaupt nichts dafür, wenn ihre Besitzer unfähig sind, darauf zu kommen, dass die Maschinen mit ihren scharfen Messern nicht nur Gräser kürzen, sondern auch nacht- oder dämmerungsaktive Tiere verletzen oder töten. Wer auch nichts für die Fahrlässigkeit der Nut­ze­r:in­nen kann: die Hersteller. Aber die könnten etwas dagegen tun: nämlich eine Einstellung in der Software, die die Roboter nachts und in der Dämmerung in einer Parkposition belässt.

Technikpaternalismus? Also etwas aus der Kategorie „Waschmaschine, die nach Programmende so lange penetrant piept, bis sie jemand ausschaltet“? Ja, vielleicht. Aber wenn das auch Technikpaternalismus sein soll, dann finde ich: Von dieser Sorte brauchen wir bitte mehr.

Zum Beispiel im Straßenverkehr: Warum gibt es bei Autos nicht schon längst Sensoren in den Türen, die verhindern, dass Fahrerin und Beifahrer diese öffnen, wenn ein Mensch auf dem Fahrrad vorbeifährt? Warum nicht entsprechende Sensoren bei Lkws, die ein Abbiegen einfach unterbinden, wenn ein Objekt sich in oder vor der Abbiegebahn befindet? Oder im Haushalt: Warum gibt es Küchenmixer, die sich anstellen lassen, obwohl das rotierende Messer nicht durch einen Deckel vor hineingreifenden Händen geschützt ist? Warum ist der Markt stattdessen geflutet mit nerv­piependen ­Waschmaschinen und Wasserkochern, die jedes Bewegtwerden akustisch kommentieren müssen?

Hersteller wälzen Verantwortung ab

Klar: Technik kann nicht vor jedem Fehler schützen. Soll sie auch gar nicht. Aber es wäre irgendwie schön, wenn sie zumindest nicht noch mehr Fehler ins Leben einbaut – und die Verantwortung auf die Nutzenden abschiebt. Das machen derzeit nämlich so manche Hersteller von Rasenmäherrobotern. Die zeigen auf ihren Webseiten süße Igelbilder mit dem Hinweis, doch bitte nur tagsüber zu mähen.

Das ist in etwa so glaubwürdig, wie wenn Hersteller von Kfz-Tuning-Teilen darauf hinweisen, dass die Fah­re­r:in­nen bitte die geltenden Regeln zu Geschwindigkeiten und Lärmschutz einhalten mögen. Mit ihren Fahrzeugen gehen die nämlich auch zu oft über Leichen.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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3 Kommentare

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  • Aber wenn das auch Technikpaternalismus sein soll, dann finde ich: Von dieser Sorte brauchen wir bitte mehr.

    Auf keinen Fall!



    Diese Form von Bevormundung führt letztendlich den Benutzer dazu sich keine Gedanken mehr über seine Verantwortung für sein Handeln und den Einsatz von technischen Geräten zu machen. Wenn man den Gedanken weiter spinnt wird aus einem einfachen Gerät eine komplizierte und teure Maschine.



    Am Beispiel des Mähroboters einmal dargestellt:



    Einen Helligkeitssensor kann man einfach mit einer LED täuschen, also muß das Gerät die aktuelle Uhrzeit und den Sonnenstand am Ort des Einsatzes kennen. Das geht entweder mit einem GPS-Modul oder einer Mobilfunk-Anbindung über das Internet. Schon ist das Ganze komplexer und teurer als nötig.



    Daher sind für mich die Hinweise der Hersteller ausreichend.

  • Am besten ist es, die "Wiese" etwas wachsen zu lassen und die Vorstellung vom gepflegten feinen englischen Rasen zu begraben.



    www.oekotest.de/ba...ssen-_12710_1.html

  • Das Thema kam ja schon mal auf. In Rottach-Egern haben sie es auf der Internetseite www.gemeinde.rotta...%C3%A4hroboter.php

    aber als Pressemitteilung, als ob die dortige Lokalzeitung die Gemeindesatzungen erließe und den Leuten bei Verstößen die Ohren lang zöge. Andere Kommunen seien da weiter, Nuthetal und Borkheide bei Berlin bspw. Aber ob die das kontrollieren können ... www.test.de/Nachtf...-retten-5859207-0/