Bessere Software-Einstellung für Geräte: Killerroboter im Angriffsmodus
Hersteller von technischen Geräten verschieben die Verantwortung für eine angemessene Nutzung auf Verbraucher:innen. Das ist unglaubwürdig.
M it den ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen geht es wieder los: Roboter, die nachts ihr Unwesen treiben. Sie streifen in der Dunkelheit nahezu lautlos durch die Vororte und töten alle Lebewesen, die ihnen vors Messer laufen oder fliegen – nur um danach wieder an ihre Basisstation zurückzukehren, ungeachtet der Leichen, die sie hinterlassen. Stoff aus einem Horrorfilm? Nein, Realität, leider. Die ist zwar manchmal auch Horror, aber weniger Science Fiction. Denn die gefährlichen Roboter sind in diesem Fall keine übermenschengroßen Maschinen mit gruselig starrem Gesicht und merkwürdigem Gang. Sondern kleine Kästen, die mit ihren Rädern ganz leise und fast schon tollpatschig über den Rasen surren.
Und ganz ehrlich: Die Rasenmäherroboter können überhaupt nichts dafür, wenn ihre Besitzer unfähig sind, darauf zu kommen, dass die Maschinen mit ihren scharfen Messern nicht nur Gräser kürzen, sondern auch nacht- oder dämmerungsaktive Tiere verletzen oder töten. Wer auch nichts für die Fahrlässigkeit der Nutzer:innen kann: die Hersteller. Aber die könnten etwas dagegen tun: nämlich eine Einstellung in der Software, die die Roboter nachts und in der Dämmerung in einer Parkposition belässt.
Technikpaternalismus? Also etwas aus der Kategorie „Waschmaschine, die nach Programmende so lange penetrant piept, bis sie jemand ausschaltet“? Ja, vielleicht. Aber wenn das auch Technikpaternalismus sein soll, dann finde ich: Von dieser Sorte brauchen wir bitte mehr.
Zum Beispiel im Straßenverkehr: Warum gibt es bei Autos nicht schon längst Sensoren in den Türen, die verhindern, dass Fahrerin und Beifahrer diese öffnen, wenn ein Mensch auf dem Fahrrad vorbeifährt? Warum nicht entsprechende Sensoren bei Lkws, die ein Abbiegen einfach unterbinden, wenn ein Objekt sich in oder vor der Abbiegebahn befindet? Oder im Haushalt: Warum gibt es Küchenmixer, die sich anstellen lassen, obwohl das rotierende Messer nicht durch einen Deckel vor hineingreifenden Händen geschützt ist? Warum ist der Markt stattdessen geflutet mit nervpiependen Waschmaschinen und Wasserkochern, die jedes Bewegtwerden akustisch kommentieren müssen?
Hersteller wälzen Verantwortung ab
Klar: Technik kann nicht vor jedem Fehler schützen. Soll sie auch gar nicht. Aber es wäre irgendwie schön, wenn sie zumindest nicht noch mehr Fehler ins Leben einbaut – und die Verantwortung auf die Nutzenden abschiebt. Das machen derzeit nämlich so manche Hersteller von Rasenmäherrobotern. Die zeigen auf ihren Webseiten süße Igelbilder mit dem Hinweis, doch bitte nur tagsüber zu mähen.
Das ist in etwa so glaubwürdig, wie wenn Hersteller von Kfz-Tuning-Teilen darauf hinweisen, dass die Fahrer:innen bitte die geltenden Regeln zu Geschwindigkeiten und Lärmschutz einhalten mögen. Mit ihren Fahrzeugen gehen die nämlich auch zu oft über Leichen.
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