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Besetzte Schule in KreuzbergFriedliche Lösung in Sicht

Es scheint eine Einigung gefunden. Die Flüchtlinge sollen in einem begrenzten Bereich der besetzten Schule in Berlin-Kreuzberg bleiben dürfen. Eine Räumung sei verhindert.

Ist eine friedliche Lösung für die Flüchtlinge gefunden? Bild: dpa

BERLIN dpa | Nach einer Woche intensiver Verhandlungen ist offiziellen Angaben zufolge eine friedliche Lösung im Konflikt um die von Flüchtlingen besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg gefunden. Eine Räumung sei verhindert, bestätigten Bezirkssprecher Sascha Langenbach und Polizeisprecher Stefan Redlich am Mittwoch.

Den Angaben zufolge dürfen die rund 40 Flüchtlinge in einem abgegrenzten Bereich im dritten Obergeschoss der Schule bleiben. Voraussetzung sei aber, dass sie gemeinsam mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg einen Nachzug weiterer Flüchtlinge verhindern, sagte Langenbach. Dazu sollten Spezialverriegelungen in Türen und Fenster eingebaut werden.

Die Flüchtlinge sollten nach Angaben des Bezirks das Ergebnis noch am Abend unterzeichnen. Dann nehme der Bezirk das am Dienstag gestellte Räumungsersuchen an die Polizei zurück, so der Sprecher.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hatte kurz zuvor alle Seiten um Geduld gebeten. „Es ist das Ziel aller Beteiligten, die Situation friedlich zu klären“, teilte sie in einer Pressemitteilung mit. Zudem forderte sie Innensenator Frank Henkel (CDU) auf, den Flüchtlingen ein Bleiberecht aus humanitären Gründen zu ermöglichen.

In dem mehrstöckigen Schulgebäude lebten seit Dezember 2012 rund 200 Flüchtlinge, Obdachlose und Roma unter menschenunwürdigen Bedingungen. Auch Drogendealer waren dort untergekommen. Immer wieder brach unter den Bewohnern Gewalt aus. Ein Mann wurde bei einer Messerstecherei im April getötet. Vergangene Woche waren ein Großteil der Flüchtlinge und Roma-Familien freiwillig gegangen. Sie bekamen bessere Unterkünfte.

Die rund 40 ausharrenden Flüchtlinge fordern ein unbefristetes Bleiberecht in Deutschland. Sie fürchteten eine Abschiebung, nachdem Asylverfahren von ihnen schon in anderen Bundesländern abgelehnt wurden.

Solidarität der Anwohner

Am Mittwoch riegelte die Polizei das Gelände um die besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule weiter weiträumig ab. Hinter den Absperrungen standen Polizisten, teilweise aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Der Protest Hunderter Menschen an den Absperrgittern entwickelte sich immer mehr zu einem Happening. An einer Straßenecke standen Biertische, an denen Menschen aßen und tranken. Vor einem Haus wurde gekocht. Einige Menschen brachten kleine Kinder mit, aus Lautsprechern ertönte Musik.

Auf gedruckten Plakaten in den Schaufesterns von Geschäften forderten Anwohner Solidarität mit den Flüchtlingen und den Abzug der Polizei aus Kreuzberg.

Einige Flüchtlinge kamen während des Tages an das Gittertor des Schulgeländes und betonten, sie wollten in Deutschland bleiben und hier arbeiten. Sie seien keine Kriminellen und suchten keine Probleme mit der Polizei. Eine Frau sagte, die Situation in dem Gebäude sei schwierig, auch weil manche Flüchtlinge während des islamischen Fastenmonats tagsüber nichts essen würden.

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9 Kommentare

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  • "An einer Straßenecke standen Biertische, an denen Menschen aßen und tranken. Vor einem Haus wurde gekocht. Einige Menschen brachten kleine Kinder mit, aus Lautsprechern ertönte Musik."

     

    Daran wird deutlich was in Wahrheit hinter dieser ganzen Flüchtlingssolidarität steht: Nämlich einfach ein Kult.

  • Da hat die Erpressung auf ganzer Linier funktioniert. Menschen die weder ihre Herkunft noch ihren Namen preisgeben erpressen Bezirk und Senat, und der lässt sich am Nasenring vorführen. Wer überprüft diese Leute jetzt eigentlich, oder bekommen die jetzt alle Blankobleiberecht? Eine Ohrfeige für alle Flüchtlinge die am letzten Dienstag freiwillig ausgezogen sind, und die hundertausend die ein normales Asylverfahren in Deutschland durchlaufen. Eine Schule die seit 1 1/2 Jahren keine Mieteinnahmen mehr einbringt, wird zum Selbstbedienungsladen für Besetzer. Der Bezirk zahlt ihnen die Wasser, Strom, Heiz, Schneebeseitigungskosten. Lässt wöchentliche Reparaturen durchführen weil eh alles direkt wieder kaputt geschlagen wird. Und zahlt auch noch monatlich 30000 Euro für eine private Sicherheitsfirma. Die Linken wollte hier ein Berliner Gegenstück zur Roten Flora in Hamburg aufbauen, und werden dabei kräftig von den Kreuzberger Grünen unter die Arme gegriffen. Dann wird es ja auch weiterhin uneingeschränkte Partynächte im Haus geben wie die letzten 1 1 1 1/2 Jahre. Was gehen uns den die Anwohner an, die können ja wegziehen wenn es ihnen nicht passt. Das wird Signalwirkung für künftige Gaunerstücke haben, den absolut realitätfremden und unfähigen Damen und Herren der Grünen sei Dank. Sorry, ich muss mich mal kurz übergeben.

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Na wie schön, dann haben wir also ein Happening. Friede, Freude, Eierkuchen. Lasst uns doch alle Flüchtlinge aus aller Welt aufnehmen, die Anwohner aus Kreuzberg zeigen dann wieder Solidarität. Supi, dann ist ja alles in Ordnung. Wen interessiert es schon, dass die Asylanträge schon abgelehnt wurden, die "Unterstützer" werden sich schon um die Besetzer kümmern. Offenbar steht eine solidarische Aufnahme in deren Wohnungen unmittelbar bevor?

  • D
    D.J.

    "den Flüchtlingen ein Bleiberecht aus humanitären Gründen zu ermöglichen."

     

    Da bin ich sofort dabei, wenn es dafür Gründe gibt, die in den Flucht-/Migrationsursachen bzw. in den Herkunsftländern liegen. Nicht dabei bin ich, wenn die Gründe allein in der vehementen Art des Protestes liegen.

     

    @Guido F. Gebauer

     

    "Menschen mit Abschiebungen in den Tod bedrohen"

     

    Wofür Sie welche konkrete Belege haben?

  • Die Taz schreibt in bekannt launiger Manier alles zu Friede, Freude, Eierkuchen. Die Proteste an den Absperrgitter waren keine Happenings. Auch wenn manch eine_r Bier getrunken hat. Viele Menschen hatten Angst um ihre Freund_innen auf dem Dach. Bei jeder Rede, die vom Dach übertragen wurde, haben Menschen geweint. Kein Wunder, wenn die Refugees das sagen mussten, was selbstverständlich ist: wir sind auch Menschen. Auch jetzt ist die Situation nur zu einem hohen Preis befriedet. Ich bin froh, dass niemand gesprungen ist. Aber die Protestierenden sind wieder einmal zerstreut worden. Der zweijährige Protest soll mürbe gemacht werden und an der Spitze dieses Systems steht eine grüne Bezirksbürgermeisterin. Das was diese Tage in Kreuzberg geschehen ist, passiert jeden Tag in Europa. Nur bekommt es niemand mit, interessiert sich niemand dafür.

     

    You can't evict a movement!

    Bleiberecht überall!

    • @Melange:

      "an der Spitze dieses Systems steht eine grüne Bezirksbürgermeisterin" der Kommentar kann ja wohl nicht wahr sein...sehen Sie denn nicht, das die Grünen, und vor allem auch Frau Herrmann, die einzigen politisch Verantwortlichen sind, die sich seit 2 Jahren um die Flüchtlinge bemühen, ihnen zuhören, eine Bühne boten und eine unglaubliche Mange an Arbeit und Energie in dieses Problem investiert haben? Anstatt zu Polemisieren ohne irgendetwas sinnvolles vorzuschlagen oder zu unternehmen.

      Das bashing, die Drohungen von verschiedenen Seiten, das Besetzten und Stören der BVV-Sitzungen gehen völlig an die falsche Adresse, verschwendetes Engagement und im Gegenteil auch noch Holz auf das Feuer der eigentlich Verantwortlichen im Land und Bund, die aus der Situation versuchen politisches Kapital zu schlagen. Der Bezirk kann kein Bleiberecht aussprechen, Punkt. Die Möglichkeiten waren hier einfach erschöpft.

      Von meiner Seite Hochachtung für Frau Herrmann und Herrn Panhoff.

      • @rob_bln:

        Machen Sie sich doch keine Mühe. Es geht den so genannten "Sympathisanten" bei dem Ganzen doch nicht wirklich um die Flüchtlinge; für die meisten sind die Flüchtlinge doch nur Mittel zum Zweck um einmal mehr Staat und Gesellschaft anzuklagen, einfach weil das ihre Obsession ist. Solchen Leuten kann es niemand recht machen.

  • Es ist gut , wenn es eine friedliche Regelung gibt, auch wenn die Spezialverriegelungen eigentlich untragbar sind. Am untragbarsten ist der Zustand, dass wir weiterhin Menschen mit Abschiebungen in den Tod bedrohen und ihnen dann, wenn sie sich durch Besetzung eines Gebäudes wehren, sogleich die Räumung androhen. Untragbar ist auch, wenn eine Kollektivverantwortung für Straftaten zugesprochen wird, um Flüchtlinge und ihren tatsächlich friedlichen Widerstand, der ein Überlebenskampf ist, zu diskreditieren. Traurig ist ebenfalls, wenn die Unterstützer angegriffen werden, anstatt dass wir dankbar sind, dass es noch Menschen gibt, die mit den Ausgestoßenen und Ausgegrenzten Solidarität zeigen. Erfreulich ist die Unterstützung durch die Anwohner, was auch noch einmal deutlich macht, wie propagandistisch übertrieben die Klagen über unhaltbare Zustände wirklich waren und sind.

  • Ich ärgere mich sehr über diesen Artikel. Ich verstehe ja noch irgendwie, dass die Taz auch darauf angewiesen ist zeitnah Artikel zu aktuellen Themen zu veröffentlichen, gerade wenn es so drückende sind wie hier.

    Aber an diesem Artikel zeigt sich wieder einmal wie schlecht die Taz damit fährt einfach Artikel der DPA zu übernehmen.

    Die Haltung der Geflüchteten wird überhaupt nicht besprochen, so als wäre deren Zustimmung eine reine Formalität. Auf http://ohlauerinfopoint.wordpress.com/ wurden in den letzten Tagen verschiedene Pressemitteilungen (die der Taz Redaktion vermutlich auch direkt zugegangen sind...) veröffentlicht. Die Pressemitteilung vom heutigen Tag (http://tiny.cc/q6odix) stellt die Situation aus Sicht der Menschen auf dem Dach der Gerhard-Hauptmann-Schule dar, nämlich gänzlich anders.

    Ich würde mir wünschen, dass die Taz die Sensibilität besitzt diese Perspektive zu berücksichtigen, sonst beteiligt sie sich nur an der Reproduktion der ohnehin schon vorherschenden rassistischen (weil unter Ausblendung der Betroffenen stattfindenden) Berichterstattung. Und dann sehe ich nicht welchen Mehrwert die Taz gegenüber anderen Medien noch hat.

    *Ende meiner Rage*

     

    Danke für das führen des Rechtsstreit um den Zugang für Pressevertreter_innen zur Schule. Hier habt ihr nix anbrennen lassen. Mehrwert gerettet? ;)