Beschwerden bei der Bahn: Wenn nichts mehr geht
Der Zug fällt aus, der Anschluss ist weg? Passagiere wollen das immer seltener hinnehmen. 2013 gab es so viele Beschwerden wie noch nie.
BERLIN taz | Bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personennahverkehr ist 2013 eine Rekordzahl von Beschwerden über die Bahn eingegangen. Allein bis zum 20. Dezember habe es 3.257 Schlichtungsanträge von Bahnreisenden gegeben, berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf die Schlichtungsstelle. Im Jahr zuvor seien es nur 2.112 Anträge gewesen.
Die Schlichtungsstelle gibt es seit Dezember 2009. Sie soll eine Lösung finden, wenn sich ein Streit zwischen Passagier und Verkehrsunternehmen nicht lösen lässt. Kunden können sich kostenlos an die Stelle wenden. Sie erarbeitet einen Schlichtungsvorschlag – nehmen beide Seiten ihn an, sparen sie sich Kosten und Aufwand eines gerichtlichen Verfahrens. Mittlerweile können sich nicht nur Bahnkunden, sondern auch Passagiere von Fernbussen, Flugzeugen und Schiffen an die Schlichter wenden.
Die meisten Schlichtungsanträge der Bahnreisenden – knapp die Hälfte – betreffen dem Bericht zufolge Verspätungen oder Ausfälle von Zügen. In einem Drittel der Fälle sei es um Probleme mit dem Ticket gegangen und in einem Viertel um mangelnden Service wie fehlende Erste-Klasse-Wagen oder keine Hilfe für Menschen mit Gehbehinderung. In 80 Prozent der Fälle habe sich eine Lösung finden lassen, die sowohl vom Verkehrsunternehmen als auch vom Passagier akzeptiert worden sei.
Gerd Aschoff vom Fahrgastverband Pro Bahn rät dennoch dazu, die Zahlen mit Vorsicht zu genießen. „Unser Eindruck ist, dass die Schlichtungsstelle gerade erst bekannt wird“, sagte Aschoff der taz. Daher sei es normal, dass die Zahl der Beschwerden erst einmal steige.
Dazu komme ein unterschiedliches Beschwerdeverhalten. So habe es zwar beim Hochwasser im Sommer vielerorts Probleme gegeben, die Passagiere hätten aber viel Verständnis für die Situation gehabt.
Und schließlich komme nur ein sehr kleiner Teil der Konfliktfälle überhaupt bei der Schlichtungsstelle an. Denn die kann erst dann kontaktiert werden, wenn der Kunde es vorher direkt beim Verkehrsunternehmen versucht hat und das vorgelegte Angebot nicht akzeptabel findet. Laut dem Bericht rechnet die Bahn im laufenden Jahr mit 1.250.000 Beschwerden.
Aschoff sieht es positiv, wenn Fahrgäste ihre Rechte geltend machen. „Besser, die Leute tun etwas und es gibt eine Lösung, als dass sie die öffentlichen Verkehrsmittel nach einer schlechten Erfahrung meiden.“
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