Beschwerde nach dem Lieferkettengesetz: Nie wieder Rana Plaza

Drei NGOs haben das Lieferkettengesetz getestet: In einer Beschwerde werfen sie Amazon und Ikea Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten in Bangladesch vor.

Eine Frau hält Passfotos von Verwandten in den Händen

Am Jahrestag des Einsturzes der Fabrik Rana Plaza zeigt eine Frau das Foto ihrer vermissten Tochter Foto: Andrew Biraj/reuters

Berlin taz | Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sollte auch eine Antwort auf „Rana Plaza“ sein und Unternehmen dazu verpflichten, für die Einhaltung von Menschenrechten entlang ihrer Lieferkette zu sorgen. Am 24. April vor zehn Jahren stürzte das Fabrikgebäude Rana Plaza in Dhaka, Bangladesch, ein. Damals starben über 1.100 Menschen, die in dem Gebäude für internationale Marken nähten.

Der Vorfall war nicht der erste seiner Art, zeigte aber für viele die katastrophalen Bedingungen in Zulieferfirmen von großen Unternehmen im Textilsektor auf. Erstmals gelang es, ein breites Spektrum an Akteuren von Unternehmen bis Gewerkschaften zusammenzubringen, um gemeinsam Standards zu vereinbaren, die Gebäude- und Arbeitsschutz in der Textilindustrie in Bangladesch verankerten. Viele internationale Unternehmen unterzeichneten den sogenannten „Bangladesch Accord“ – Ikea und Amazon sind bis heute nicht darunter.

Darin sehen die Menschenrechtsorganisationen Femnet, ECCHR und die nationale Bekleidungsgewerkschaft in Bangladesh NGWF eine Verletzung des Lieferkettengesetzes, das am ersten Januar 2023 in Kraft trat. „Wir verstehen die Nichunterzeichnung als bewusste Abkehr von geeigneten Maßnahmen und daher als Verletzung der Sorgfaltspflicht“, erklärt Sina Marx, Projektleiterin bei Femnet.

Nichtunterzeichnung sei Verletzung der Sorgfaltspflicht

„Das Lieferkettengesetz sieht vor, dass Unternehmen Risikoanalysen durchführen müssen und geeignete präventive Maßnahmen ergreifen müssen um Risiken zu begrenzen“, erklärt Marx. „Der Accord ist ein Lösungsmechanismus, der sowohl von Betroffenen als auch Unternehmen breite Unterstützung hat und nachweislich zu Verbesserungen im Brand- und Gebäudeschutz geführt hat“.

Die Organisationen argumentieren daher, dass die Unterzeichnung des Accords eine präventive Maßnahme sei, um Menschenrechte von Ar­bei­te­r:in­nen zu gewährleisten. Ikea erklärte bislang, der eigene Menschenrechtsstandard sei gleichwertig.

Um eine Beschwerde beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) einzureichen müssen konkrete Unternehmen und Mängel genannt werden. Aus diesem Grund haben die NGOs eine Recherche in Auftrag gegeben. Diese führte NGWF im März 2023 durch. Die Gewerkschaft gibt an, Sicherheitsmängel, wie fehlende Inspektionen und Arbeitsrechtsverletzungen, wie mangelnde Gewerkschaftsfreiheit, festgestellt zu haben.

Marx betont aber, dass es den Organisationen bei der Beschwerde nicht um Mängel in einzelnen Fabrikgebäuden ginge. Sie wollen mit dem Bafa „ins Gespräch kommen“ was geeignete Präventionsmaßnahmen seien.

Das Bafa wird nun prüfen „ob die Beschwerde substantiiert ist“, schreibt die Behörde auf Anfrage der taz. Bislang seien sieben Beschwerden und Hinweise zu potentiellen Verletzungen der Sorgfaltspflichten in den Lieferketten deutscher Unternehmen eingegangen.

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