Beschwerde gegen „Sea-Watch“-Kapitänin: Aufwind für Rackete
Gute Nachrichten für die Kapitänin und die Seenotretter: Die Beschwerde gegen Racketes Freilassung in Italien wurde abgewiesen.
Die Staatsanwaltschaft im sizilianischen Agrigent hatte vergangenen Sommer Berufung beim Kassationsgericht (oberstes Gericht) in Rom eingelegt, nachdem eine Untersuchungsrichterin angeordnet hatte, Rackete wieder freizulassen. Die Richterin hatte argumentiert, dass diese in einer Notlage und nach ihrer Verpflichtung gehandelt habe, Menschen zu retten und in den nächsten sicheren Hafen zu bringen.
Die Deutsche war im Juni 2019 mit der „Sea-Watch 3“ und 40 Migranten an Bord nach einer Machtprobe mit dem rechten damaligen Innenminister Matteo Salvini unerlaubt in den Hafen von Lampedusa eingefahren. Sie touchierte dabei auch ein Schiff der Finanzpolizei. Sie argumentierte, dass sich die Lage an Bord wegen der tagelangen Blockade vor Italien extrem zugespitzt hatte.
Rackete wurde vorübergehend festgenommen. Gegen sie läuft in Sizilien noch ein Verfahren unter anderem wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur illegalen Einwanderung. Unklar ist immer noch, ob es zu einem Prozess kommt. Das jetzige Urteil des obersten Gerichtshofs wird nun allerdings eine wichtige Rolle spielen.
Sea-Watch: „Erfreuliche Nachricht“
Sea-Watch sprach von einer „erfreulichen Nachricht“, die bestätige, „dass Carola nichts falsch gemacht hat und Seenotrettung kein Verbrechen ist“. Auch mit Blick auf die laufenden Ermittlungen in Sizilien ist Sea-Watch optimistisch. „Es ist davon auszugehen, dass andere Ermittlungen eingestellt werden“, sagte Sprecher Ruben Neugebauer. „Das (Urteil des Kassationsgerichts) wird Strahlkraft auf andere Verfahren haben.“ Einen Termin für eine Anhörung Racketes oder Ähnliches gebe es in Italien derzeit nicht.
Staatsanwalt Salvatore Vella sagte der dpa, die Begründung des Kassationsgerichts werde nun geprüft. „Wir entscheiden dann, ob wir mit Blick auf einen möglichen Prozess mit Ermittlungen weitermachen.“ Er hoffe, dass die Staatsanwaltschaft in dieser Sache nächste Woche eine Entscheidung fällen könne.
Salvini empörte sich umgehend über das Urteil in Rom. „Das ist keine ‚Gerechtigkeit‘, das ist eine Schande“, erklärte der Lega-Chef auf Facebook. Er bezog sich auch auf Ermittlungen gegen ihn selbst im Fall eines anderen Rettungsschiffs mit Migranten. Salvini hatte vergangenen August die Regierung in Rom aufgekündigt und sitzt seitdem in der Opposition.
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