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Beschluss zur ParteienfinanzierungKein Cent für Nazis

Der Bundestag entzieht verfassungsfeindlichen Parteien die staatliche Finanzierung. Das zielt auf die NPD – für sie könnte es existenziell werden.

Weniger Geld vom Staat für die NPD: Heiss debattiert, jetzt beschlossen Foto: dpa

Man befinde sich in einer „mehr als grotesken Situation“, sagte Gabriele Fograscher. Es sei der Staat selbst, der diejenigen finanziert, die ihn bekämpfen – die NPD. Das sei „widersinnig“ und gehöre beendet, so die SPD-Abgeordnete. Ihr CDU-Kollege Stephan Harbarth stimmte zu: „Jeder Cent für die NPD ist ein Cent zu viel.“

Am Donnerstagnachmittag folgte der Bundestag diesen Argumenten. Er verabschiedete ein Ende der Parteienfinanzierung für verfassungsfeindliche Parteien. Wer die Staatsgelder entzogen bekommt, entscheidet künftig das Bundesverfassungsgericht. Nötig war dafür eine Grundgesetzänderung, denn dort werden noch alle Parteien gleich behandelt. Die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit kam im Bundestag zusammen.

Ausgangspunkt war das gescheiterte Verbotsverfahren gegen die NPD. Die Richter hatten zu Jahresbeginn das Ansinnen der Bundesländer abgelehnt: Die Neonazi-Partei verfolge zwar durchaus verfassungsfeindliche Ziele, es fehle ihr aber an jeder Aussicht, diese durchsetzen. In den 50 Jahren ihrer Existenz habe sie es nicht vermocht, sich in Parlamenten festzusetzen. Die Richter gaben aber einen Wink: Es läge jedoch im Ermessen der Gesetzgeber, der NPD etwa die staatliche Finanzierung zu entziehen.

Bundesrat und Bundesregierung sprachen sich umgehend für diesen Vorschlag aus – nun folgte der Bundestag. Lob kam am Donnerstag von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): „Steuermittel für die NPD sind eine staatliche Direktinvestition in rechtsradikale Hetze.“

Die Grünen äußerten im Bundestag indes Kritik, was eine hitzige Debatte auslöste. Ein Schnellschuss sei das Vorhaben, sagte Grünen-Rednerin Renate Künast, eine „Lex NPD“ gegen einen „politischen Zwerg“. Statt die Hand ans Grundgesetz zu legen, sollte man auf die Kraft der freien Auseinandersetzung setzen. Die Grünen-Fraktion stimmte denn auch gegen das Vorhaben, einige Linken-Abgeordneten enthielten sich.

Statt die Hand ans Grundgesetz zu legen, sollte man auf die Kraft der freien Auseinandersetzung setzen.

Die Grünen

Die Grundgesetzänderung verhinderte das nicht. Der Entzug der Parteienfinanzierung für verfassungsfeindliche Parteien – egal welcher politischen Coleur – soll künftig auch für deren Ersatzorganisationen gelten. Wegfallen sollen auch steuerbegünstigte Spenden. Die Sanktionen laufen nach sechs Jahren ab – wenn nicht Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat eine Verlängerung beantragen.

Entzieht das Bundesverfassungsgericht der NPD am Ende tatsächlich die Parteienfinanzierung, wird das die Partei hart treffen: Sie ist notorisch klamm, für das vergangene Jahr erhielt sie vom Staat immerhin noch gut eine Million Euro, errechnet nach ihren Wahlergebnissen und eingeworbenen Spenden. Dieser Verlust könnte am Ende existenziell werden.

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8 Kommentare

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  • Man sollte auch immer wieder prüfen, ob der AfD auch Gelder zumindest gekürzt oder gar gestrichen werden könnten. Viele Politiker nannten diese Partei rechtsextrem, und zwar öffentlich. Und seit der Gründung der AfD in 2013 ist die Anzahl an Volksverhetzungen und an Verbrechen gegen Flüchtlinge in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Es darf nie und niemals unterschätzt werden, wie eine rechte Propaganda auf Menschen wirken und sie zu Straftaten verleiten kann.

  • Die Neuregelung ist in diesem Falle richtig. Hoffentlich trifft's nach der NPD auch die AFD, die träumen nämlich ebenfalls von der "Machtübernahme" und der Beseitigung ihrer Lieblingsfeinde ("Lügenpresse" usw).

     

    Allerdings sollten sich auch die Regierungen dann gerne selbst an das Gebot der Verfassungsmäßigkeit halten, anstatt mit Hartz 4 und immer neuen Sanktionen auszuloten, wie weit man gehen kann, bevor man vom BVerfG einen auf den Deckel kriegt.

    • @kditd:

      Die Neuregelung ist diesem Falle ist falsch. Die NPD wird zur Wahl zugelassen und Bürger dieses Landes wählen sie. Dieses erzeugt bei mir Abscheu und Widerwillen, aber als Demokrat muss man leidensfähig sein.

      Verfassungsfeindlich sind auch die anderen Parteien, die diese strukturell unterminieren und aushöhlen, um selber wohlig warm und gut versorgt in ihr zu existieren. Ohne extremistische Parteien würde die großen Volksparteien es noch leichter haben, ihre Schafe zur Schlachtbank zu treiben.

      • @Arne M:

        Wenn man wie in diesem Fall dass Grundgesetz ändern will wiso nennt man das dann nicht Verfassungseindlich?

    • @kditd:

      „Die Neuregelung ist in diesem Falle richtig.“

       

      Würden Sie das denn auch noch sagen, wenn später mal AfD und CSU festlegen, was verfassungsgemäß ist und was nicht?

  • Ja es ist ein kleiner Anfang, aber bekämpft nur das Symptom. Dann finanziert sich die NPD vieleicht wieder oder weiterhin (?) aus den "Personalkosten" der Überwachungsorgane -> siehe: Staud, Toralf; "Moderne Nazis: Die neuen Rechten und der Aufstieg der NPD" [...]

    Viel besser wäre ein entschiedenes Engegentreten von allen und Aufklärung sowie wirlich gute Bildung für alle ohne Vorurteile. ...Ja ja.... 80%der Bildung finden im Elternhaus statt. Es bleibt also ein gesamtgesellschaftliches Problem.

    Gelegentlich hilft es auch das Maul aufzumachen wenn dein*e Nachbar*in/Kolleg*in/Familienangehörige*r nen dummen Spruch macht.

  • "Nötig war dafür eine Grundgesetzänderung, denn dort werden noch alle Parteien gleich behandelt. Die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit kam im Bundestag zusammen."

     

    Moment mal, lese ich hier nicht ständig was über die Bedrohung der Demokratie in Osteuropa und die "Autokraten", die die Freiheiten bedrohen.

     

    Das hier riecht nach einem großkoalitionären Angriff der Etablierten. Mag sein, dass es jetzt die Richtigen trifft, wer weiß aber, wer die "Richtigen" dann in der Zukunft sein werden.

     

    Aber auch so - unter den zugelassenen Parteien kann es nicht "gleich und gleicher" geben.

  • Indem das Bundesverfassungsgericht ein kaum überzeugendes Urteil zum NPD-Verbot fällte, hat es sich damit geschickt indirekt selbst zu einer erheblichen Ausweitung seiner Befugnisse verholfen. Welche Partei staatliche Gelder bekommt und welche nicht, entscheidet jetzt in Zukunft das Bundesverfassungsgerichts ganz allein. Auch wenn man die Motive der Abgeordneten durchwegs sehr gut nachvollziehen kann, kommt man doch nicht umhin festzustellen, dass sich das Parlament mit dieser Entscheidung im Ergebnis selbst entmachtet hat. Die NPD selbst hätte das wohl tatsächlich so schnell nie geschafft. Wohl bekomm's!