Beschluss zur Kommission verzögert sich: Kohleausstieg? Dauert noch
Das Kabinett hat die Einsetzung der Kohlekommission kurzfristig von der Tagesordnung genommen. CSU-Chef Seehofer hat noch Fragen.
So richtig überraschend war es nach wochenlangem Streit dann doch nicht: Wenige Stunden vor der geplanten Einsetzung der sogenannten Kohlekommission hat das Bundeskabinett das Thema wieder von der Tagesordnung gestrichen. „Wir sind uns in der Sache einig“, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums der taz. „Lediglich bei der Personalliste sind noch wenige Fragen final abzustimmen.“
Eine offizielle Aussage dazu, wo konkret noch Probleme bestehen, gab es zunächst nicht. In Regierungskreisen hieß es aber, CSU-Chef Horst Seehofer habe das Thema streichen lassen, weil er noch Fragen zu einzelnen designierten Mitgliedern des Gremiums habe. Diese hätten sich wegen der langen Sitzung des Innenausschusses am Dienstag nicht rechtzeitig klären lassen.
Umweltverbände, Grüne und Linke übten scharfe Kritik an der erneuten Verschiebung. „Verzögern wird beim Klimaschutz zum Markenzeichen dieser Regierung“, sagte Tina Löffelsend vom BUND. Sie befürchtet, „dass die Kohle-Lobby diese erneute Verzögerung zu ihren Gunsten nutzt“. In diesem Fall würde der Verband seine geplante Teilnahme noch einmal überdenken. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter erklärte: „Es ist ein Trauerspiel, dass der Zeitplan schon am Anfang nicht eingehalten wird.“ Klimaschutz dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden. Der Linke-Klimapolitiker Lorenz Gösta Beutin kritisierte die „Untätigkeit von Kanzlerin Angela Merkel“.
Die Kommission, deren Einsetzung im Koalitionsvertrag vereinbart worden war, soll bis Jahresende einen Plan vorlegen, wie die deutschen Klimaziele für 2030 im Energiesektor erreicht werden können und bis wann die Kohlenutzung komplett beendet wird. Über den genauen Auftrag und die Besetzung des Gremiums gibt es seit Wochen Streit zwischen dem von Peter Altmaier (CDU) geführten Wirtschaftsministerium und dem von Svenja Schulze (SPD) geleiteten Umweltministerium.
Über das Mandat für die Kommission, das bis 2030 eine Reduktion der CO2-Emissionen im Sektor Energiewirtschaft um 61 bis 62 Prozent im Vergleich zu 1990 vorsieht, bestehe inzwischen Einigkeit, hieß es in Regierungskreisen. Auch die bis zuletzt strittige Frage des Vorsitzes ist geklärt. Neben den Ex-Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (Brandenburg/SPD) und Stanislaw Tillich (Sachsen/CDU) ist die Klimaökonomin Barbara Praetorius gesetzt, um dem Wunsch von Umweltverbänden und Grünen nach einer Person mit expliziter Klimaexpertise nachzukommen.
Für Irritationen hatte am Dienstag die Nominierung von Ronald Pofalla als viertem Vorsitzenden gesorgt. Der derzeitige Bahn-Vorstand und Ex-Kanzleramtsminister ist bisher noch nicht durch Expertise im Themenfeld Kohle oder Klima aufgefallen. Doch mit seiner Herkunft aus Nordrhein-Westfalen und einem CDU-Parteibuch erfüllt er offenbar die entscheidenden Kriterien, um die zunächst nominierte Ex-Umweltstaatssekretärin Ursula Heinen-Esser zu ersetzen, die den Posten nicht übernehmen kann, weil sie neue NRW-Umweltministerin wird. Gegen seine Nominierung hatte es in der SPD zunächst Widerstand gegeben, dieser wurde später aber zurückgezogen.
Auf der – noch nicht final bestätigten – Liste der TeilnehmerInnen, die der taz vorliegt, finden sich neben VertreterInnnen von Industrieverbänden (BDI, BDA, DIHK, BDEW, VKU und BEE), Gewerkschaften (DGB, IG BCE und Verdi) und Umweltverbänden (BUND, Greenpeace und DNR) auch Menschen aus den vom Braunkohle-Tagebau betroffenen Regionen (Buirer für Buir, Grüne Liste Welzow) sowie diverse WissenschaftlerInnen, darunter die Klima-Experten Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam Institut und Felix Matthes vom Öko-Institut.
Daneben sollen VertreterInnen von vier Bundesministerien und sechs Bundesländern teilnehmen. Aus dem Bundestag sollen laut Mandat – anders als zunächst geplant – nur drei Abgeordnete teilnehmen; Namen werden hier nicht genannt.
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