Beschlossene Bafög-Reform: Es reicht trotzdem nicht
Es gibt mehr Bafög, die Eltern-Freibeträge werden erhöht. Gut so. Nur: Inflation und steigende Wohnkosten fressen das Plus wieder auf.
E s klingt erst einmal nach einer guten Nachricht: Studierende bekommen ab dem Wintersemester mehr Geld. Das hat die Ampelkoalition gemeinsam mit der Linken am Donnerstag beschlossen. So steigt der Bafög-Satz von 427 auf 452 Euro im Monat. Auch der Mietzuschuss wurde von 325 auf 360 Euro erhöht.
Zudem wurde der Freibetrag des elterlichen Einkommens von 2.000 auf 2.415 Euro angehoben. Doch mit Blick auf den Wohnungsmarkt und die Inflation reicht das lange nicht aus. Die Reform wird also wohl kaum für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen, sondern ist lediglich eine Schadensbegrenzung in einer Zeit, in der die Inflation vor allem die ökonomisch Schwachen trifft.
So wird der Bafög-Satz zwar um etwa 6 Prozent erhöht, aber bei einer Inflation von fast 8 Prozent werden Studierende davon wohl wenig spüren. Dabei trifft die Inflation gerade Studierende hart. Denn es sind vor allem die Preise für Lebensmittel und Energie, die steigen. So ist es formell richtig, von einer Erhöhung zu sprechen, in der Realität ist es aber eher ein Ausgleich. Hinzu kommt, dass in den meisten Städten Studierendenwohnungen weit mehr als 360 Euro kosten.
So liegt die durchschnittliche Kaltmiete von Wohnungen für Studentinnen und Studenten in Frankfurt am Main und Berlin bei etwa 500 Euro, in München sogar bei 780 Euro. Natürlich studieren nicht alle in diesen Großstädten, aber laut einer Studie des Portals Immowelt reicht die erhöhte Wohnungspauschale von 360 Euro in 31 von 68 untersuchten Hochschulstädten nicht für die Kaltmiete aus.
Dabei warnen Verbände seit Längerem, dass Studierende in immer prekäreren Verhältnissen leben. So sind etwa 30 Prozent aller Student*innen in Deutschland von Armut betroffen. Die explodierenden Preise werden diesen Trend nur verstärken. Langfristig muss der Bafög-Satz also noch mehr steigen, um mehr Chancengleichheit in Deutschland zu erreichen. Denn es werden vor allem Menschen aus ärmeren Familien sein, die sich gegen ein Studium entscheiden, wenn sie sich nicht sozial abgesichert fühlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israel und Hisbollah
Waffenruhe tritt in Kraft