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Beschäftigungsboom im Klimasektor44 Prozent mehr „Green Jobs“

Binnen zehn Jahren ist die Zahl der Arbeitenden in der Umwelt- und Klimabranche in Deutschland auf 340.000 gestiegen. Auch die Investitionen legen zu.

Dabei entstehen Jobs: Aufbau eines Windparks in Brandenburg Foto: Paul Langrock

Berlin taz | Die Zahl der Beschäftigten im Umwelt- und Klimaschutz ist in Deutschland binnen zehn Jahren um 44,3 Prozent gestiegen. 2021 gab es Deutschland damit insgesamt 341.200 Vollzeit-Beschäftigte in sogenannten „Green Jobs“, also in der Produktion von Gütern und Leistungen für den Umweltschutz, zu dem der Klimaschutz gehört, meldete das Statistische Bundesamt am Dienstag. Das war eine Steigerung von 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Auch die Industrie in Deutschland investiert zunehmend in den Klimaschutz. Insgesamt gut 4,15 Milliarden Euro hätten Unternehmen des produzierenden Gewerbes (ohne den Bau) im Jahr 2021 für Anlagen zur Vermeidung von Emissionen oder zu einer schonenderen Nutzung von Ressourcen investiert, meldeten die Statistiker im Vorfeld der UN-Klimakonferenz, die am Donnerstag in Dubai beginnt.

Damit seien die Investitionen in diesem Bereich binnen zehn Jahren um 74,3 Prozent gestiegen. Im Jahr 2011 hatten die Klimaschutz-Investitionen noch bei gut 2,38 Milliarden Euro gelegen. Gründe für den Anstieg dürften sowohl gesetzliche Regelungen als auch die staatliche Förderung sein. Der Staat fördert seit Jahren die Umstellung auf Produktionsprozesse, die weniger Energie verbrauchen und das Klima schonen.

Im Rahmen der Energiewende ist die Dekarbonisierung der Industrie – also die Abkehr von kohlenstoffhaltigen Energieträgern – seit Längerem ein Ziel der Klimaschutzpolitik. Das spiegelt sich auch in den Klimaschutz-Investitionen der Unternehmen wider: Knapp die Hälfte (49,2 Prozent) dieser Investitionen floss 2021 in Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien (2,04 Milliarden Euro). Hierzu zählen Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Weitere knapp 1,63 Milliarden Euro (39,2 Prozent) wurden in die Steigerung der Energieeffizienz und Energieeinsparung investiert – dazu gehören die Wärmedämmung von Gebäuden oder Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung.

Infografik: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2023

Investitionen in Maßnahmen zur Vermeidung von Treibhausgasen gemäß des Kioto-Protokolls waren mit gut 480 Millionen Euro (11,6 Prozent) zwar vergleichsweise gering, aber klimabezogen genauso wichtig. Dazu gehört zum Beispiel der Austausch herkömmlicher Klima- und Kälteanlagen gegen Anlagen mit halogenfreien und damit klimafreundlicheren Kältemitteln.

Das hat Auswirkungen auf den Jobmarkt: Knapp zwei Drittel (65,6 Prozent) der „Green Jobs“ entfielen im Jahr 2021 auf das verarbeitende Gewerbe, beispielsweise auf die Herstellung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien. Knapp ein Fünftel (19,1 Prozent) der Beschäftigten im Bereich Umweltschutz war im Baugewerbe tätig, zum Beispiel im Bereich der Wärmedämmung von Gebäuden. Auf den Dienstleistungssektor, in den etwa die Planung und Projektentwicklung zur Nutzung erneuerbarer Energien in Architektur- und Ingenieurbüros fällt, entfielen 13,6 Prozent der „Green Jobs“.

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8 Kommentare

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  • Im Bereich der Automobilinustrie (direkt und indirekt) arbeiten 3,1 Mio. Menschen (de.statista.com/st...tomobilindustrie/).

    Da muss noch sehr viel passieren, bis die Umwelt- und Klimabranche in Deutschland wirklich zum Jobmotor wird.

  • Wer also gestern im Baugewerbe als Gipser oder in der Bauplanung tätig war, oder in der Industrie Heizungssan lagen montierte, hat nun einen "Green Job". Klingt auch richtig progressive, einmal mit Dinglish drüber und die Zukunft ist da.

    Relevant wäre eine Statistik, die neue Tätigkeiten und neue Firmen erfasst. Aber das würde nicht so positiv ausfallen. Wir müssten dann darüber sprechen, wo die Windturbinen und Photovoltaikanlagen gebaut werden, die dann hier montiert werden. Der deutsche Steuerzahler subventioniert den Auf- und Ausbau der Industrie in anderen Ländern und den Abbau der Industrie in diesem Land.

    • @Octarine:

      "Der deutsche Steuerzahler subventioniert den Auf- und Ausbau der Industrie in anderen Ländern und den Abbau der Industrie in diesem Land."

      Der deutsche Steuerzahler hatte 15 Jahre Zeit, etwas anderes als CDU/CSU zu wählen.

  • Man darf gespannt sein ob die Klima- und Umweltbranche nach dem "sozialökologischen" Unbau der Wirtschaft in der Lage ist mehr Kapazitäten zu schaffen. Schließlich müssen allein von der dann verstorbenen Automobilindustrie 400 000 Menschen neue Arbeit finden, die vernichteten Arbeitsplätze der Zulieferindustrie noch nicht miteingerechnet. Und von der Stahl- und Chemieindustrie fangen wir gar nicht erst an.

    • @SeppW:

      Die Auto Industrie macht sich gerade durch Innovationsunlust selber kaputt.



      Und davon, was mit Automobilindustrie samt Zulieferern, Stahl- und Chemieindustrie passiert, wenn der Klimawandel den Wohlstand dieses Planeten kontinuierlich nach unten zieht, fangen wir gar nicht erst an. Es gibt nicht die Wahl zwischen "weiter wie bisher" oder "jetzt alles schön öko". Es gibt die Wahl zwischen "weiter so ins Verderben" und "möglichst viel unternehmen, um das Verderben abzuschwächen und möglichst angepasst darin leben zu können".

      • @LeSti:

        "Es gibt nicht die Wahl zwischen "weiter wie bisher" oder "jetzt alles schön öko". Es gibt die Wahl zwischen "weiter so ins Verderben" und "möglichst viel unternehmen, um das Verderben abzuschwächen und möglichst angepasst darin leben zu können"."

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        Da ich einen gewissen Lebensstandard habe den ich unter Garantie nicht für Visionen aufgeben werde und keine Kinder habe, die ich mit meinem Co2-Fußabdruck in der Zukunft schädigen kann entscheide ich mich ruhigen Gewissens für das Erstere :)

        • @SeppW:

          Ahja. Dann kommt man Leuten wie Ihnen nur bei, wenn man sie an Ihrem Lebensstandard packt. Also weiter auf die Straße kleben etc.

          • @LeSti:

            Mit diesen Methoden packen Sie mich aber nicht an meinem Lebensstandard, dessen sollten Sie sich bewusst sein.



            Schon allein deswegen weil Einzelaktionen vor irgendwelchen EFH im Nirgendwo nicht die mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht, die die Bewegung braucht.