Bertelsmann-Studie zu Betreuung in Kitas: Gebühren sollen für Qualität sorgen
Wie gut Kinder in einer Kita betreut werden, variiert in Deutschland je nach Region. Die Bertelsmann-Stiftung fordert Milliardeninvestitionen für mehr Personal.
Im März 2012 kamen laut der Studie in Kinderkrippen rechnerisch 4,8 ganztags betreute Kinder auf eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft, im März 2016 waren es dagegen nur noch 4,3. In Kindergartengruppen verbesserte sich der Personalschlüssel von 9,8 auf 9,2 Kinder pro Fachkraft.
Zwischen den 402 Kreisen und kreisfreien Städten in Deutschland gibt es der Stiftung zufolge aber enorme Unterschiede. So kämen beispielsweise in einigen Gebieten Brandenburgs knapp dreimal so viele Krippenkinder auf eine Fachkraft wie in bestimmten Kreisen Baden-Württembergs.
Auch innerhalb der Bundesländer variieren die Zahlen stark: In Bayern etwa liegt das landesweite Mittel bei 3,7 Kindern pro Fachkraft. Die Bandbreite reicht aber von eins zu 2,7 bis eins zu 5,0.
Auch in Kindergärten sind die Personalschlüssel sehr unterschiedlich. Während laut der Studie in einigen Kreisen Baden-Württembergs 6,1 Kinder von einer Erzieherin betreut werden, sind es in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 14,3 Kinder. Auch bei den Kindergärten gibt es zum Teil innerhalb eines Bundeslands ein starkes Gefälle zwischen den Kreisen.
Einkommensabhängige Kitabeiträge
Grundsätzlich bestehen große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. In westdeutschen Krippengruppen kümmert sich eine Fachkraft um 3,6 Kinder, in Ostdeutschland dagegen um sechs. Im Osten besucht allerdings auch mehr als die Hälfte (52 Prozent) der unter Dreijährigen eine Betreuungseinrichtung, während es im Westen nur etwas mehr als ein Viertel (28 Prozent) ist.
Doch auch bei den über Dreijährigen, die fast alle in eine Kita gehen, gibt es ein starkes Ost-West-Gefälle. Im Osten kommen 12,2 Kinder auf eine Erzieherin, im Westen 8,5 Kinder. Die Bertelsmann-Stiftung empfiehlt einen Betreuungsschlüssel von eins zu drei in Krippen und von eins zu 7,5 in Kindergärten. Die Zahl der Kinder, um die sich eine Erzieherin kümmern muss, gilt als ein wichtiges Qualitätsmerkmal.
„Die Bildungschancen von Kindern hängen heute erheblich von ihrem Wohnort ab“, kritisierte Stiftungsvorstand Jörg Dräger. Es werde aber eine „verlässliche Kitaqualität in ganz Deutschland“ gebraucht. Bund und Länder müssten deshalb für „einheitliche Qualitätsstandards“ sorgen. Um den empfohlenen Personalschlüssel zu erreichen, müssen laut der Stiftung zusätzlich 107.200 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte gewonnen werden und dafür 4,9 Milliarden Euro jährlich bereitgestellt werden.
Dräger bewertete vor diesem Hintergrund die vielerorts geplanten oder umgesetzten Gebührenstreichungen kritisch. „Erst wenn die Qualität stimmt und genügend Betreuungsplätze zur Verfügung stehen, können wir die Beitragsfreiheit angehen“, erklärte der Stiftungsvorstand. Die Bertelsmann-Stiftung plädierte zugleich dafür, Kitabeiträge einkommensabhängig zu staffeln und besonders niedrige Einkommen komplett zu entlasten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator