Berlins teuerste Wohnung: Bleibe für das Kapital
In der früheren SED-Parteihochschule entstehen Luxus-Wohnungen. Das Prestigeobjekt: der alte Kinosaal für vier Millionen Euro.
Nach vorne geht der Blick auf den Köllnischen Park, in Richtung Fernsehturm, nach hinten in einen Hof, eingerahmt von weiteren noch im Bau befindlichen noblen Appartements. „An dieser Seite kommt noch eine Terrasse von 25 Quadratmetern ran“, sagt Maruhn, der für den Verkauf dieses „Ballroom“ genannten Saals verantwortlich ist.
3.950.000 Euro soll das Loft kosten, in seiner Rohversion. „Wenn man sich überall goldene Wasserhähne anbringen lässt, kann der Preis auch ins Extreme gehen“, sagt Maruhn, der Verkäufer in Bluejeans und Sakko, der selbst in einem Viererhaushalt lebt, in einer Wohnung, die hier mehr als viermal Platz finden würde.
Doch schon vor der individuellen Gestaltung, die der potenzielle Käufer ganz nach seinen Wünschen festlegen kann – möglich ist auch das Anmieten zweier anliegender Mini-Appartements für Kindermädchen oder ChauffeurIn – ist das Angebot das teuerste der Stadt. Vier Millionen Euro für eine 1-Zimmer-Wohnung, 12.000 Euro pro Quadratmeter. Mehr geht nicht.
Mehr Ironie geht auch nicht: Im zukünftigen Luxusdomizil eines womöglich „erfolgreichen Kreativen“, wie es sich die Marketingexpertin der Immobilienfirma wünscht, „am liebsten wäre mir ja Ai Weiwei“, paukte einst der Klassenfeind. Das Haus am Köllnischen Park mit seiner dunkelroten Backsteinfassade, gebaut Anfang der 1930er Jahre, beherbergte von 1955 bis 1990 die Parteihochschule „Karl Marx“ der SED, der größte Raum direkt unter dem Dach diente als Kinosaal.
Die Bonzen aus DDR-Zeiten, die hier ihre Kaderschulung durchliefen, sind nicht vorstellig geworden, um erneut Einzug zu halten. Es sind die Bonzen von heute, für die Geld keine Rolle spielt. Fünf hätten bislang ernsthaftes Interesse gezeigt, seien aus verschiedenen Gründen aber abgesprungen, einige abgeschreckt von der Geschichte. Vielleicht haben auch sie ihren Marx gelesen und wählen lieber ein Leben in Bescheidenheit. Denn wie der Altmeister einst schrieb: „Alle bisherigen Gesellschaftsformen gingen unter an der Entwicklung des Reichtums.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!