piwik no script img

Berliner unterschiedlich interessiert am BildungspaketPolitik ist dümmer als Eltern

Nina Apin
Kommentar von Nina Apin

Im Nordwesten der Stadt beantragen besonders viele Eltern das Bildungspaket, im Südosten besonders wenig. Hier ist politische Ursachenforschung gefragt statt Elternbashing.

D as Bildungspaket ist kein Renner. Dieses Fazit kann man, rund vier Monate nach Einführung der Zusatzleistungen für bedürftige Kinder durch das Familienministerium, ganz ohne Polemik ziehen. Polemik ist beim Thema Kinderarmut ohnehin fehl am Platz - schließlich haben bereits die Vereinten Nationen Deutschland wegen der mangelnden Teilhabe von Hartz-IV-Empfängern gerügt.

Wenn jetzt eine Senatsanfrage ans Licht bringt, dass im Nordwesten der Stadt besonders viele Eltern das Bildungspaket beantragt haben und im Südosten besonders wenig, wäre das ein Anlass, politische Ursachenforschung zu betreiben: Informieren die Jobcenter und Jugendämter in Treptow besser über die neuen Leistungen als die in Spandau? Oder liegt es an Sprachkenntnissen der Eltern, dass das Paket in manchen Gegenden kaum beantragt wird? Da die Auswertung des Senats auch zeigt, dass Asylbewerber das Paket besonders selten abrufen, ist die Kombination aus beidem wahrscheinlich.

Politisch hilflos

Jetzt auf die Dummheit der Eltern abzuheben, wie es der sozialpolitische CDU-Sprecher Hoffmann am Wochenende tat, ist eine Demonstration politischer Hilflosigkeit. Wieso sollten Tempelhofer intelligenter sein als Reinickendorfer? Eher zeugt es von Dummheit, wenn die amtierende Sozialsenatorin Bluhm (Linke) sagt, man werde auf keinen Fall eine Informationskampagne starten. Klingt, als gönne der Senat der Sozialministerin keinen Erfolg. Für die Berliner Kinder, ob aus Spandau oder Treptow, ist das eine schlechte Nachricht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Nina Apin
Redakteurin Meinung
Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • H
    Hatem

    Ein Kommentar wird besonders schwierig, wenn man nicht mal die kommentierten Fakten korrekt darstellen kann... ;-)

     

    Und zur Sache:

    Entscheidend für diesen Unterschied ist, ob Eltern den Aufstieg ihrer Kinder durch Bildung wollen - oder sich für die Zukunft ihrer Kinder kaum bis gar nicht interessieren.

  • DF
    Die Freiheit

    War übrigens eine Anfrage von Herrn René Stadtkewitz :-)

  • M
    Mangelsmasse

    Ich glaube, die JobCenter halten Anträge zurück. Als ich mich nach zweimaligem Antrag (doppelt hält besser und das per Einschreiben!) darüber beschwert habe, wo denn die Bewilligung bliebe, bekam ich drei einzelne Bewilligungen für drei Kinder. Doch die bewilligten Leistungen habe ich gar nicht gestellt, weil ich glaubte, einen Euro für das Essen in der Schule selbst zahlen zu können. Dann rief mich eine Dame vom JobCenter an, die meinte, der Antrag sei verschwunden und nicht auffindbar. Nein, das könne ja nicht sein, da ich ja aus Sicherheitsgründen gleich zweifach die Anträge gestellt habe. Außerdem gab es ja eine Bewilligung, zwar mit Leistungen, die ich nicht gestellt habe, aber es existiert eine. Der sehr lieben Dame erklärte ich dann den Sachverhalt. Sie sagte, dass die Sachbearbeiterin nicht kenne, aber prüfen werde, wo der Antrag sei. Dann gab es einen Mailwechsel, wonach ich ihr noch diese und jene Sache kopieren solle, was ich tat. Ein paar Tage später kam ein erneutes Bewilligungsschreiben mit der Nachricht, dass ich ca. 19,15 EUR pro Monat zusätzliche Fahrkosten für die drei Kinder bekäme, super oder?! Die Kosten für die Monatsfahrkarten für wirklich gute Bildung machen einen Etat mtl. von ich glaube ca. 58,50 EUR im Monat aus. Also klafft weiterhin ein Loch im Kühlschrank von 39,35 EUR. Aber Sarrazins Bratwurst hilft, da kann ich dann auch Sauerkraut zu tun, der macht lustig, behauptet jedenfalls mein Jüngster. Auwaia und dafür habe ich rund 3 X 4 Fragebögen X 2 ausgefüllt. Bekam 3 X 3 X 2 + 10 = 28 Seiten Bewilligungsbescheide. Unendlich viele Mailschriften meinerseits und ihrerseits, Beschwerdebriefe, Einschreibebriefkosten, Schreibkram der Leistungsträger, wie Vereine und Küchen noch nicht mal einbezogen. Also was soll der Kram. Wer sich dagegen nicht meldet, tut dem Staat echt einen Gefallen. Ich finde es unerhört, was hier läuft. Hätte ich mich nicht an höchster Stelle beschwert, gäbe es gar kein Geld, davon bin ich fest überzeugt, die JobCenter halten Anträge zurück oder werfen sie in den Müll. Kann ja keiner bezeugen und so läuft das m. M. n.

     

    Schönen Gruß von einer alleinerziehenden Mutter, die ihr Schicksal durch ein Auswahlverschulden selbst erwählt hat und jetzt mal nicht heulen soll, weil sie keine Karriere machen kann, ohne Job sich auf Kosten anderer Leute ernähren lässt und überhaupt, was lässt sie denn einen Mann an ihre Muschi ran? Der Ärmste muss nun auch noch Unterhalt zahlen, so er kann oder sie bekommt Unterhaltsvorschuss für 72 Monate und Kindergeld obendrein! Was für ein feines Leben die doch hat und schließlich hätte die ja auch eine Frau nehmen können, dann wäre das alles nicht passiert!

     

    An alle, lest das Buch "Der Mutterschaftsbetrug" von Ch. Mulack.

  • D
    Daniel

    Liebe Taz,

     

    Folgendes Beispiel: Das Super-Bildungspaket beinhaltet unter anderem ein Essenspaket. Das Mittagessen der Kinder soll bezuschusst werden und kostet 23€ mtl.

    Dazu muss lediglich ein langer Antrag ausgefüllt werden, Berlin-Pässe beantragt, Fotos gemacht werden. Auch nur halbjährlich, falls jemandem das viel vorkommt.

    Jetzt der Clou:

    Eine nette Klausel fordert von den Eltern dann einen symbolischen Euro Eigenleistung.

    Nein, nicht etwa pro Monat, sondern pro Essen. Bei 20 Essen pro Monat (so wird gerechnet), sind das also 20€ (von den 23€), die die Eltern selbst bezahlen dürfen.

    DREI SCHEISS EURO bringt das Bildungspaket für 3 Tage Ämterlauf! Und so ist das mit allen tollen Überraschungspaketen. Sind nicht eher die Leute etwas bildungsfern, die sowas beschließen???

    Bitte macht auch auf den Inhalt aufmerksam und nicht nur auf die Statistiken.