piwik no script img

Berliner SzenenEin Nishiki auf Reisen

Wie meine Katze einmal ein Hipster-Rennrad zum Geburtstag bekam und damit nur Schabernack zu veranstalten wusste.

Einen Ständer hatte das Rad natürlich nicht Foto: Brake

In meiner Wohnung steht jetzt auch so ein Rennrad. Es ist das perfekte Hipster-Accessoire: japanisches Fabrikat (Nishiki), 70er-Jahre-Design, der Sattel aus angerautem Leder, der pastellgelbe Rahmen angemessen verwittert. Auf Gepäckträger, Lichtanlage, Klingel und Schutzbleche wurde verzichtet, damit das Rad schlichter und leichter ist.

Das Nishiki ist nicht für mich, meine Katze Mono wollte es haben, zu ihrem siebten Geburtstag. Das oder ein Pony, sagte sie. Ein Pony aber kommt nicht in Frage, das würden die Vermieter nicht erlauben. Also blieb das Rad. „Aber du hast doch viel zu kurze Beine“, sagte ich noch. „Wie willst du da an die Pedale kommen?“ Mono überlegte nicht lange, bestimmt sagte sie „Miau!“ und damit war die Sache erledigt.

Wochenlang lehnte das Rad dann im Wohnzimmer an der Wand (einen Ständer hat es natürlich nicht) und sah ziemlich gut aus. Ab und zu balancierte Mono vom Sattel auf der Querstange nach vorn und legt ihre Vorderpfoten auf den Lenker. Mehr nicht. Mono geht generell nicht so gerne raus, weil sie sich dann ja eine Hose anziehen müsste.

Bis ich eines Tages nach Hause kam und das Rennrad war weg. Mono saß auf dem Sofa und tat so, als wäre nichts passiert. Es dauerte einige Zeit, bis sie mit folgender Geschichte rausrückte: Ein Fuchs habe sich das Rad geliehen, weil er dringend zu einer Beerdigung fahren musste, auf dem Waldfriedhof, den man mit dem Auto nicht erreicht, deswegen hieße er ja Waldfriedhof. Der Fuchs habe Mono seine Handynummer gegeben, aber die war auf ein Stück Esspapier geschrieben und Mono bekam Hunger. Jetzt sei ihr ein wenig schlecht und sie möge bitte in Ruhe gelassen werden. Ich glaubte ihr kein Wort.

Tatsächlich fand ich das Fahrrad drei Straßenecken weiter an einer Laterne. Mono war zu faul, es zurückzufahren, und hatte sich ein Uber bestellt. Als Super-Userin kann sie das auch in Berlin immer noch machen.

Das Fahrrad lehnt jetzt wieder im Wohnzimmer. Ach, Katzen. Sie haben einfach kein Verantwortungsgefühl.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!