Berliner Mietendeckel im Senat: Sind so Ideen von Mieterschutz
Finanzsenator Kollatz (SPD) kontert die Mietendeckel-Vorstellungen von Bausenatorin Lompscher (Linkspartei) als noch längst nicht abgestimmt
Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) hat am Dienstag wenig Zweifel daran gelassen, dass es einen Mietendeckel nicht so wie von seiner Senatskollegin Katrin Lompscher (Linke) gewünscht geben wird. Kollatz verwies dazu auf Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts, wonach eine Miethöhenregulierung nicht zu dauerhaften Verlusten für Vermieter oder zu verfallenden Gebäuden führen. Das, was derzeit in der Diskussion ist, nannte Kollatz lediglich „Ideen“ in der federführenden Senatsverwaltung für Stadtentwicklung – „was davon später in einen Gesetzentwurf aufgenommen wird und was nicht, ist noch offen“.
Am Wochenende waren eben diese Überlegungen bekannt geworden, in denen es auch um Mietsenkungen geht. Demnach sollen nach Alter und Ausstattung der Wohnung nur noch Kaltmieten von 3,42 bis 7,97 Euro möglich sein – die Lage soll dabei keine Rolle spielen. Ausgenommen wären Neubauten ab 2014. Bundesweit löste das Verblüffung bis Widerstand aus: „Eine Subvention der gut gestellten Berliner in ihren mondänen Altbauwohnungen in Charlottenburg oder längst auch in Prenzlauer Berg“, urteilte am Dienstag etwa die Süddeutsche Zeitung. Als einige SPD-Politiker im Januar einen Mietendeckel vorgeschlagen hatten, verstanden die diesen Deckel so, die Mieten für fünf Jahre nicht abzusenken, sondern einzufrieren.
Die aktuelle Diskussion um den Mietpreisdeckel sei „im Senat kurz unter Verschiedenes angesprochen worden“, sagte Kollatz in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung, „wir sind ja noch gar nicht im Verfahren.“ Keine andere Senatsverwaltung habe die Lompscher-Überlegungen bislang bekommen. Zu einem Gesetzentwurf, von dem bereits die Rede war und über den das Abgeordnetenhaus entscheidet, wird ein politischer Vorstoß erst, wenn der Senat ihn unterstützt.
In mehreren Reaktionen auf den Lompscher-Vorschlag, aber auch schon vorher, hatten Opposition, Wirtschaftsverbände und SPD-Politiker unisono befürchtet, dass verpflichtende Mietsenkungen zu großen Verlusten führen und Investitionen in die Gebäude verhindern würden. Kollatz zitierte dazu einen Auszug aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von vor einer Woche, das die Mietpreisbremse für verfassungsgemäß erklärte.
Berlins früherer Justizsenator Thomas Heilmann (CDU), seit 2016 Bundestagsabgeordneter, will den geplanten Mietendeckel am Bundesverfassungsgericht bekämpfen. „Eine solche Kompetenzüberschreitung und eine solche vollständig grundgesetzwidrige Neuordnung der Wirtschaftsstruktur Deutschlands können wir nicht zulassen“, äußerte sich Heilmann, der seinen Wahlkreis in Steglitz-Zehlendorf hat, laut einem Medienbericht. Wenn das Gesetz vorliegt, werde die CDU-/CSU-Bundestagsfraktion einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht stellen, kündigte er an. (taz, dpa)
Die zuständige Kammer des Gerichts hatte dabei auch festgehalten, dass der Gesetzgeber sowohl die Belange des Mieters als auch die des Vermieters in gleicher Weise berücksichtigen müsse. „Die Grenzen wären jedenfalls dann überschritten, wenn die Miethöhenregulierung auf Dauer zu Verlusten für den Vermieter oder zu einer Substanzgefährdung der Mietsache führte.“
Dass es grundsätzlich einen Mietendeckel geben soll, worauf sich der Senat schon vor der Sommerpause verständigt hat, steht für Kollatz außer Frage: „Das Ziel des Mietendeckels eint die Koalition.“ Allein der Weg dorthin scheint offen: „Gehen Sie mal davon aus, dass die, die da im Senat zusammensitzen, nicht alle einer Meinung sind.“ Aber alle im Senat würden am Ende zu einem Mietendeckel kommen wollen. Zum zeitlichen Ablauf sagt Kollatz nur: „Ich stelle mich darauf ein, dass es einige Tage länger dauert.“ Für Kollatz geht es offenbar statt rückwirkender Mietpreissenkungen vorrangig darum, einen weiteren Anstieg zu verhindern: Er nannte als Ziel, „zukünftige spekulative Mieterhöhungen abzuschneiden“.
Kollatz sah sich da einig mit Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), die als Stellvertreterin von Regierungschef Michael Müller (SPD) am Dienstag die Senatssitzung leitet – Müller war auf Dienstreise in China. Bei den Grünen hieß es, Pop habe sich in der Sitzung für ein einfacheres Verfahren beim Mietendeckel ausgesprochen. Nach derzeitigen Vorstellungen sollen die bereits über Überlastung klagenden Bezirke Anträge auf Mietsenkung bearbeiten.
Aus der SPD heraus hatte am Wochenende bereits Iris Spranger gewarnt, in der Fraktion zuständig für Bauen, Wohnen und Mieten: „Wir dürfen die Stadt jetzt nicht verrückt machen, den Mietern ist nicht mit einer Fülle von Vorschlägen geholfen, die am Ende womöglich keinen Bestand haben.“
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