Berlinale Staralbum – Johnny Depp: Der überraschend Zurückhaltende
Zuletzt war Johnny Depp eher durch Skandale als gute Filme aufgefallen. Mit der Hauptrolle in Andrew Levitas „Minamata“ will er's nun richten.
„Früher war ich unterhaltsamer“, sagt Johnny Depp in seiner Rolle als W. Eugene Smith in „Minamata“. Eine Aussage, die auch auf so manche Filmrolle des Hollywoodstars in den vergangenen Jahren zutreffen könnte. Nicht so aber auf die des amerikanischen Dokumentarfotografen, den Depp in Andrew Levitas Biopic verkörpert. Der Film, in dem es um die sukzessive Quecksilbervergiftung einer ganzen Stadt geht, gehöre zu den wertvollsten Arbeiten seiner Karriere, erzählte Depp bei einer Pressekonferenz am Freitag.
Dort lässt die Crew von „Minamata“ fast 40 Minuten auf sich warten. Mit dabei Regisseur Andrew Levitas, Kameramann Benoît, Eugene Smiths Frau Aileen und der Hauptcast. Allen voran betritt Bill Nighy die Bühne, ihm folgen Katherine Jenkins, Akiko Iwase, Hiroyuki Sanada und als Vorletzter, gefolgt von Minami Hinase: der Mann, den alle sehen wollen. „Berlinale wartet auf Johnny Depp“, heißt es in mancher Schlagzeile.
Nun ist er da, klassisch mit zerschlissenem Hut, gefärbten Brillengläsern und im Karohemd, aus dem die tätowierten Arme schauen. Zu hören ist erst mal nichts weiter als das Klicken der Kameras und ein einstimmiges „Johnny, Johnny“.
Die erste Frage der Konferenz geht natürlich – wie auch fast alle weiteren – an Herrn Depp: Wie er sich in die Rolle des gebrochenen Alkoholikers, der Smith noch zu Anfang des Films ist, eingefühlt habe, möchte jemand wissen. Inwieweit der Journalist hier auf Schlagzeilen anspielt, in denen über Johnny Depps eigenen Alkoholkonsum spekuliert wird, lässt sich nur mutmaßen. Dessen Reaktion ist professionell: Ohne eine Miene zu verziehen, lenkt er das Thema von sich auf den Charakter, den er verkörpert. Ohnehin gibt sich Johnny Depp erstaunlich zurückhaltend. Er lobt Drehbuch, Regie und Mitwirkende und wirkt beinah schüchtern, während er abwechselnd an seinen Ohrringen und der Hutkrempe herumspielt.
Vielleicht ist er aber auch einfach überwältigt von dem Film, der „Minamata“ geworden ist. Denn erst durch seine Rolle als W. Eugene Smith sei ihm deutlich geworden, dass Kino den „Menschen die Augen öffnen“ und so soziale Missstände aufdecken könne. Es muss ja nicht immer nur unterhaltsam sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung