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Berichtspflichten für UnternehmenMythos Bürokratismus

NGOs haben die Berichte von Textilunternehmen über die Umsetzung des Lieferkettengesetzes analysiert. Die Bilanz: Das Gesetz zeigt Wirkung.

Zeigt Wirkung, etwa für Näher*innen: das Lieferkettengesetz Foto: K.M. Asad/picture alliance

BERLIN taz | „Viel zu bürokratisch“ sei sie, finden die großen Wirtschaftsverbände. Als absolut essenziell verteidigen Menschenrechtsorganisationen und andere Interessengruppen die Berichtspflicht. Sie war und ist einer der großen Streitpunkte beim Lieferkettengesetz (LkSG).

Dabei ist das Berichten bei so einigen Unternehmen längst Praxis. Die Organisationen Inkota und Kampagne für Saubere Kleidung haben die Berichte zu Sorgfaltspflichten von sieben Textil- und Schuhfirmen analysiert. „Das Gesetz hat Wirkungen gezeigt“, bilanzieren sie. „Alle sieben Unternehmen berichten davon, dass sie im Zuge der gesetzlichen Regulierung noch einmal ihre Risikoanalysen überprüft oder verändert haben oder ihre Beschwerdesysteme auf- oder ausgebaut haben.“

Die Bundesregierung hatte zuletzt auf Drängen der Wirtschaftsverbände die Anzahl der Unternehmen stark reduziert, die unter das Gesetz fallen, und die Frist, zur Veröffentlichung der Informationen auf Dezember 2025 verschoben. Adidas, Kik, NKD, Otto, Zalando, Witt und Takko haben dennoch berichtet – und zeigen, „dass es möglich ist, das LkSG umzusetzen“, so die NGOs.

Die Berichte machten aber auch deutlich, wo nachgebessert werden müsse. Unternehmen würden etwa zivilgesellschaftliche Stakeholder und Gewerkschaften „nicht systematisch und bedeutungsvoll in ihre Risikoanalysen, Präventionsmaßnahmen und Beschwerdemechansimen einbinden“, kritisieren die NGOs. Alle Firmen gaben Fälle von Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten an. Problematisch sei, dass sie keine Auskunft darüber gaben, welche Maßnahmen sie daraufhin getroffen haben.

Die Kontrollbehörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), müsse mehr Details abfragen, forderte Lavinia Muth für die Kampagne für Saubere Kleidung. Die Unternehmen machten teils „sehr allgemeine Angaben“. Oft werde nicht deutlich, über welche Produkte sie berichten und wo genau in der Lieferkette die Risiken seien. Die NGOs verlangen, dass das Bafa eine Liste der Unternehmen veröffentlicht, die unter das LkSG fallen sowie die Unternehmensberichte zentral zugänglich macht.

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6 Kommentare

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  • Es geht nicht darum, ob das Gesetz wirkt. Es geht darum welche Kollateralschäden es bei Freiberuflern und kleinen oder mittleren Unternehmen verursacht.

    Die großen können deshalb „liefern“, weil sie die Kosten/Lasten auf die kleinen abwälzen. Die verlieren Kunden oder haben irrsinnige Mehraufwände die nicht bezahlt werden. Da liegt der Pudel im Pfeffer. Aber das ist Fundamentalmoralisten egal. Allerdings führt genau sowas zum Erfolg von AfD und Co. Danke für gar nichts.

    • @Max Power:

      Die "Freiberufler und kleinen oder mittleren Unternehmen", die für Adidas, Kik, NKD, Otto, Zalando, Witt und Takko ihre Lieferketten nachweisen müssen? Welche sollen das sein?

      Was ist mit den Arbeitnehmern, die am Ende der Lieferkette stehen? Sollen die nicht bezahlt werden und sicher arbeiten können?

      • @Cochino:

        Die Freiberufler die von Gulp, Hays oder wie sich die Buden auch nennen bei großen Unternehmen vermittelt werden. Vor allem aber die die das Glück haben direkt eingekauft zu werden. In deren Vertragswerk finden sich auch solche Nachweispflichten wieder.

        Und nein, das Gesetz betrifft eben nicht nur Takko, Kikk, Zalando und Co. Auch GE, Siemens, VW, SAP selbst öffentliche Auftraggeber.

        Das Gesetz ist ein weiterer bürokratischer Sargnagel für unsere lokalen KMU.

    • @Max Power:

      Das Gesetz gilt für Betriebe ab einer Größe von 1000 Beschäftigten im Inland, ich denke die kann man alle schon nicht mehr als kleine oder mittlere Unternehmen bezeichnen. Und ich denke, von denen kann man auch erwarten, dass die sich hier und im Ausland an Umweltschutzgesetze und Menschrechte (etc.) halten...

      • @Görk74:

        Das Gesetz mag für Unternehmen ab 1T Mitarbeiter oder Umsatz ab xEUR gelten. Aber wie sichern diese sich denn ab? Genau, die reichen die Anforderungen und Nachweis-/Dokumentationspflichten 1:1 an ihre Subs weiter. Und ja das trifft auch Butzelbuden und Einzelkämpfer- selbst Lieferanten für Mahlzeiten/Catering wie die örtliche Fleischerei und Bäckerei.

        Es gibt mehrfache solche Berichte in Handwerkerkreisen, zumindest hier in Westsachsen.

        Es bleibt dabei: Danke für gar nix.

  • Dann haben die Kapitaleigner hier vielleicht mal einen Euro weniger pro Kleidungsstück, aber dort herrscht weniger Wilder Westen und mehr Menschlichkeit. Die Margen bei Mode sind wahrlich übertrieben genug.