Bericht über Fabrikbrand in Bangladesch: „Grobe Fahrlässigkeit“
Knapp einen Monat nach dem Brand in einer Textilfabrik liegt der Untersuchungsbericht vor. Die Empfehlung: Anklage gegen Fabrikbesitzer und Manager.
BERLIN taz | Nach dem tödlichen Brand in einer Textilfabrik in Bangladesch hat eine Untersuchungskommission der Regierung empfohlen, den Besitzer und neun weitere Personen wegen „grober Fahrlässigkeit“ anzuklagen. Bei dem Brand in einer Fabrik, die unter anderem für Kik, C & A und Wal-Mart produziert, waren Ende November 112 Arbeiter ums Leben gekommen. „Eine unentschuldbare Fahrlässigkeit des Besitzers ist für den Tod der Arbeiter verantwortlich“, sagte Kommissionschef Mainuddin Khandaker.
In den vergangenen Wochen waren mehrere Rechtsverstöße durch die Fabrik bekannt geworden. So hatte das neunstöckige Gebäude nur eine Zulassung für drei Stockwerke; die Brandschutzzulassung war im Juni abgelaufen und danach nicht erneuert worden. Khandaker zufolge befand sich außerdem ein Textillager unerlaubterweise im Erdgeschoss. Alle Ausgänge des Gebäudes hätten durch dieses Lager geführt.
Der Bericht wirft außerdem neun Managern und Aufsehern vor, die Arbeiter daran gehindert zu haben, während des Brandes die Fabrik zu verlassen. Bereits kurz nach dem Brand hatten Arbeiter berichtet, dass Aufseher den Feueralarm als „Übung“ abtaten und sie aufforderten weiterzuarbeiten. Außerdem waren die Ausgänge verschlossen, auch der Weg auf das Dach der Fabrik war blockiert.
Sollte es zu einer Anklage kommen, drohen dem Fabrikbesitzer sowie den Managern Geldstrafen und bis zu fünf Jahre Haft wegen „grober Fahrlässigkeit mit Todesfolge“. Ende November hatte die Polizei drei Manager festgenommen und den Besitzer verhört.
Regierung spricht von Saboteuren
Der Bericht wiederholte die Behauptung von hochrangigen Regierungspolitikern, dass der Brand gelegt worden sei, lieferte aber keine Beweise. Der englischsprachigen Tageszeitung Daily Star erklärte Khandaker: „Die Möglichkeit, dass dieses Feuer durch einen Kurzschluss begann, ist ausgeschlossen, da es keine Elektrokabel an dieser Stelle gab.“ Vertreter einer Untersuchungskommission der Feuerwehr sagten allerdings der Tageszeitung New Age, dass sie von einem Kurzschluss an einem Generator ausgingen, der sich in der Nähe eines Notausgangs befand.
Schon wenige Tage nach der Brandkatastrophe hatte Premierministerin Sheikh Hasina erklärt, dass es Videoaufnahmen von zwei Personen gebe, die den Brand gelegt haben sollen. Von diesen ist inzwischen keine Rede mehr. „Wir konnten bisher nicht feststellen, ob es sich bei den Saboteuren um eine örtliche Gruppe handelt, die die Regierung destabilisieren wollte, oder ob es sich um eine Verschwörung durch einen internationalen Wettbewerber aus dem Textilsektor handelte“, sagte Kommissionschef Khandaker.
Der Bericht empfiehlt zudem, dass die Regierung Baustandards und Arbeitsrechte durchsetzt und dass mobile Gerichte Textilfabriken unangekündigt kontrollieren. Dabei können Richter, die bei den Kontrollen anwesend sind, sofort Urteile sprechen und Strafen verhängen. Der Fall wird von drei weiteren Kommissionen des Arbeitsministeriums, der Feuerwehr und der Lokalregierung untersucht.
Einige Familien der Toten haben unterdessen Entschädigungen erhalten. Die Regierung verteilte vergangene Woche jeweils 600.000 Taka (6.000 Euro) an die Angehörigen von 43 der Brandopfer. Gewerkschaften gehen davon aus, dass der rechtliche Anspruch der Opferfamilien um ein Vielfaches höher ist.
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