Bergunglück mit Toten in Italien: Klimakatastrophe in den Dolomiten

Nach dem Bergunglück in Norditalien verweisen Expert*in­nen auf die Klimakrise. Gletscherstürze könnten Wanderungen immer gefährlicher machen.

Ein Rettungshubschrauber fliegt über bergige Landschaft.

Dolomiten: Dass die Vermissten lebendig gefunden werden, gilt als unwahrscheinlich Foto: Manuel Schwarz/dpa

ROM taz | Mittlerweile rate er dringend von Sommertouren unterhalb von Gletschern ab, meint Extrembergsteiger, Buchautor und ehemaliger Grünen-Europaabgeordneter Reinhold Messner. Der Klimawandel fresse die Gletscher auf, warnt der 77-Jährige Südtiroler angesichts des Gletscherrutsches in den Dolomiten.

Sieben bisher geborgene Tote, außerdem 17 weiterhin Vermisste – das ist die schreckliche Bilanz der Bergkatastrophe, die sich am Sonntag auf der Marmolata ereignete, dem höchsten Gipfel der Dolomiten in Norditalien.

Wunderbares Wetter mit Sonnenschein und milden Temperaturen hatte Hunderte Aus­flüg­le­r*in­nen gelockt. Gleich mehrere Seilschaften befanden sich im Aufstieg zu deren mit 3.343 Meter höchstem Gipfel, der Punta Penia, als es zu einem Gletscherabbruch bisher nicht gekannten Ausmaßes kam. Auf einer 300 Meter breiten Front donnerte eine Lawine aus Schnee, großen Eisbrocken und Geröll zu Tal.

Videoaufnahmen zeigen die Wucht der Lawine, die nach Angaben des italienischen Zivilschutzes eine Geschwindigkeit von 300 Kilometern pro Stunde erreichte. Wer von ihr erfasst wurde, hatte kaum eine Überlebenschance. Bis zum Montagmittag wurden sieben Tote geborgen, während acht Menschen verletzt in Krankenhäuser eingeliefert wurden.

Gletscherforscher warnt vor weiteren Unglücken

Die Zahl der Opfer wird sich wohl noch deutlich erhöhen. Nach Angaben der Rettungskräfte wurden wahrscheinlich etwa 30 Menschen von der Lawine erfasst. Am Montagmittag sprach die Staatsanwaltschaft Trient von mindestens 17 Vermissten. Auf den von den Aus­flüg­le­r*in­nen gewöhnlich angesteuerten Parkplätzen fanden sich 16 herrenlose Autos.

Der Chef der Südtiroler Bergrettung, Giorgio Gajer, erklärte, die Chancen auf die Rettung von Überlebenden sei „sehr niedrig, wenn nicht gar gleich null“. Angesichts der Instabilität des Gletschers und drohender weiterer Abbrüche konnten die Ret­te­r*in­nen die Suche unmittelbar am Unglücksort am Montag vorerst nicht fortsetzen.

Weitgehend unstrittig ist unter den Expert*innen, dass die Toten als Opfer des Klimawandels zu sehen sind. Seit Wochen liegen die Spitzentemperaturen in den Dolomiten bei bis zu 10 Grad über dem langjährigen Mittel, auf dem Gipfel der Marmolata wurden 12 Grad erreicht.

Zugleich fiel im letzten Winter ungewöhnlich wenig Schnee, weshalb die schützende und kühlende Schneedecke auf dem Gletscher fehlt. Glet­scher­for­sche­r*in­nen gehen davon aus, dass sich unter dem Eis Schmelzwasser gesammelt hat, das die Instabilität des Gletschers weiter erhöhte und letztlich zu dem Gletscherabbruch führte.

Ein Unglück wie das vom Sonntag werde „wieder passieren“, bilanziert der Gletscherforscher Roberto Colucci in der Tageszeitung La Repubblica. Selbst wenn die Temperatur sich nicht mehr weiter erhöhe, werde der Gletscher der Marmolata binnen 25 bis 30 Jahren völlig verschwunden sein; schon heute jedenfalls sei er „völlig aus dem Gleichgewicht geraten“.

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