Berechnungen der Speicherbetreiber: Das Gas reicht – wahrscheinlich
Wahrscheinlich gibt es genug der fossilen Energie bis zum Winter 2023, sagen die Speicherbetreiber. Alles hängt am Wetter und an den LNG-Lieferungen.
Die Initiative Energien speichern (Ines), in der 14 deutsche Gasspeicherbetreiber organisiert sind, hat drei Szenarien untersucht, wie sich die Gaslage von November 2022 bis Oktober 2023 entwickelt: Je eines dafür, wenn es vergleichsweise kalt oder warm ist und ein weiteres, wenn normale Temperaturen herrschen. Danach ist derzeit genug Gas da, um jetzt über die Heizperiode zu kommen, wenn es mild bleibt oder sich das Jahr normal entwickelt. Sollte der Winter allerdings kalt werden, wird danach vor allem im Februar und März mehr Gas verbraucht, als eingeführt und aus den Speichern entnommen werden kann.
Die Unterschiede sind enorm: Bleibt es warm, sind die Gasspeicher nach der Heizperiode immer noch zu 57 Prozent gefüllt, wie Ines-Geschäftsführer Sebastian Bleschke am Freitag sagte. Wird es richtig kalt, sind sie Ende Februar leer. „Dann fehlt an einzelnen Tagen fast 21 Prozent des Gesamtgasverbrauchs“, sagte er. Das Szenario hält Bleschke aber für sehr unwahrscheinlich. Die langfristigen Prognosen des Deutschen Wetterdienstes sagten milde Temperaturen voraus.
Auch sonst könnte es in der Realität anders laufen, als das Modell vorhersagt. Denn der Marktmechanismus wird nicht berücksichtigt. Wenn sich abzeichnet, dass Gas knapp wird, steigt üblicherweise der Preis. Verbraucher sparen dann in der Regel. Es könnte also sein, dass es auch bei kalten Temperaturen nicht an Gas mangelt.
Daten aus ganz Europa
In die Berechnungen fließen Daten aus ganz Europa ein: zur Gasförderung, zum Gasverbrauch, zu Pipelines, Flüssiggasterminals und Speichern. Ines hat dann Deutschland betrachtet. Das veränderte Verhalten der Bundesbürger und der Industrie wurde aufgenommen. Denn seit die Gaspreise stark gestiegen sind, sparen viele. Die Experten berechneten mit den europäischen Wetterdaten von 2010 (sehr kaltes Jahr), 2016 (normal) und 2020 (mildes Jahr) die drei Szenarien für die kommenden Monate.
Die Ergebnisse hängen ganz entscheidend davon ab, wie viel Flüssiggas (Liquified Natural Gas, LNG) Europa einführen kann. Ines hat angenommen, dass LNG im Binnenmarkt im großen Umfang zur Verfügung steht. Das sei aber nur „schwer einschätzbar“, sagt Ines-Geschäftsführer Bleschke. Derzeit stauen sich die LNG-Schiffe vor Europa, weil die Speicher weitgehend gefüllt sind und mancher Händler lieber nicht löschen lässt, weil er auf höhere Preise setzt.
Angenommen hat Ines auch, dass die geplanten schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Stade, Lubmin und Brunsbüttel 2023 fertig sind und Gas dort angelandet werden kann. Insgesamt sechs solcher Terminals sind geplant. In Wilhelmshaven soll es im Dezember losgehen, in Lubmin ist das ebenfalls geplant. In Brunsbüttel soll im Januar das erste LNG-Schiff anlegen.
Deutschlands Gasversorgung hat sich im Lauf des Jahres radikal gewandelt. Noch 2021 lieferte Russland mehr als die Hälfte des deutschen Gasbedarfs. Nach dem Angriff des Landes auf die Ukraine im Februar sind die Einfuhrmengen zunächst gesunken.
Gasspeicher zu 100 Prozent gefüllt
Seit Ende August und Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee kommt nichts mehr. Stattdessen fließt vor allem Gas aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden. Inzwischen liefert auch Frankreich. Zum Ende des letzten Winters waren die Gasspeicher in Deutschland recht leer. Inzwischen sind sie zu 100 Prozent gefüllt.
Auch für den Winter 2023/24 sieht Bleschke wenig Probleme, die deutschen Gasspeicher zu füllen. Bei mildem und normalem Wetter wären bereits im August 100 Prozent erreicht. Sollte es kalt werden, kommt das Modell auf 90 Prozent Ende Oktober. Die 85 Prozent Ende September seien in allen Fällen möglich, betont der Ines-Geschäftsführer. Der Verband will die Szenarien jetzt monatlich neu berechnen, um genauere Aussagen zu bekommen.
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