Benachteiligung von Frauen: Gerechtigkeit in weiter Ferne
Hamburg veröffentlicht seinen ersten Gleichstellungsmonitor. Die Grünen und der Landesfrauenverband begrüßen das, die Linke will noch mehr.
Das Online-Tool soll anschaulich aufzeigen, was politisch noch für die Gleichstellung getan werden muss. Die derzeit aktuellsten Zahlen des statistischen Landesamtes sollen fortlaufend aktualisiert werden.
Sehr präsent ist die ungerechte Bezahlung des weiblichen Geschlechts: 2017 lag der durchschnittliche Bruttostundenverdienst der Frauen 20 Prozent unter dem der Männer. Zudem nahm der Anteil der Frauen, die Vollzeit arbeiten, seit 2008 um sechs Prozent ab, während die weiblichen Teilzeitbeschäftigten mehr wurden.
Deutlich wird außerdem die fehlende Repräsentation der Frauen in Führungsrollen, wie etwa mit nur einem Drittel Senatorinnen in der derzeitigen Regierung. Dagegen sind sie mit 88 Prozent im Jahr 2018 in der Kinderbetreuung überpräsent – und seit 2008 steigt die Anzahl der weiblichen Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen.
Divers wird vergessen
Geschlechtsspezifisches Berufswahlverhalten lässt sich in den Auszubildendenzahlen nach Fachrichtung erkennen: Frauen wählen in großer Mehrheit medizinische Ausbildungsberufe, wie etwa den der Krankenschwester. 2017 waren es 76 Prozent. In technischen Berufen lassen sich dagegen nur 13 Prozent ausbilden. Auch Handwerksberufe erlernen lediglich 22 Prozent, in der Industrie und im Handel sind es mit 39 Prozent etwas mehr, die beiden Berufe wurden allerdings auch zusammengezählt.
„Dass die vollständige Gleichstellung längst noch nicht erreicht ist, das ist kein abstraktes Gefühl, das ist Fakt“, sagt Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). Das wolle sie ändern. Die Datenlage zur Situation der Hamburgerinnen und Hamburger biete dafür eine Grundlage, auf die man aufbauen könne. Auch Mareike Engels, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, sieht das detaillierte Monitoring als Chance: „Es hilft uns, herauszufinden, wo die Gleichstellung in Hamburg im Argen liegt.“
So seien etwa die Daten auf sozialräumlicher Ebene von Interesse, um sich anzuschauen, welche Familienmodelle in welchen Stadtteilen vorherrschen. „Daran können wir uns orientieren, wenn es etwa um darauf aufbauende Unterstützungsmodelle geht“, sagt Engels. Der Gleichstellungsmonitor biete eine neue Gelegenheit, sich mit dem Thema Gleichstellung auseinanderzusetzen. „Diese Möglichkeit ist ein Prozess, der ein Umdenken fordert. Das sollte genutzt werden“, sagt Engels.
Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Cansu Özdemir, erkennt zwar eine wichtige Grundlage, sieht aber bereits Nachholbedarf: „Inter* und Trans* finden keine Berücksichtigung, weder in der abgebildeten Datenlage noch in der sprachlichen Ausgestaltung des Berichts werden sie sichtbar“, sagt sie in einem Statement. Ihre Partei fordert zudem ein Parité-Gesetz.
Der Landesfrauenrat Hamburg hatte zwar zunächst den Namen „Frauenreport“ für das Projekt gefordert, begrüßt den Datenpool aber auch unter dem jetzigen Namen. „Der Monitor ist leicht verständlich und damit für jeden nutzbar“, sagt Cornelia Creischer vom Landesfrauenrat. Das sei zwar nur der Anfang, „aber damit können wir Druck auf Politiker ausüben, die sich bis dato vor der Realität der Frauen geduckt haben“, sagt sie.
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