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Ben Stiller über „Escape at Dannemora“„Du willst von dort einfach nur weg“

Ben Stiller hat als Regisseur und Produzent eine Serie inszeniert: das Ausbruchsdrama „Escape at Dannemora“. Im Interview zeichnet er die Recherche nach.

Ben Stiller wollte bei „Escape at Dannemora“ ausschließlich Regisseur sein Foto: reuters
Wilfried Urbe
Interview von Wilfried Urbe

taz: Herr Stiller, zwei inhaftierte Schwerverbrecher haben eine sexuelle Beziehung zu einer Aufseherin, brechen mit ihrer Hilfe aus einem Hochsicherheitsgefängnis im Bundesstaat New York aus, und einer der Flüchtenden wird schließlich getötet – haben Sie und andere eigentlich nicht daran gezweifelt, dass Sie, ein Spezialist für Komödien, für diesen harten Stoff geeignet sind?

Ben Stiller: Ich drehte gerade „Zoolander 2“ als das passierte. Es war natürlich ein längerer Prozess, zu diesem Entschluss zu kommen. Aber es ist so ein Projekt, das ich schon lange verwirklichen wollte. Solch einen Stoff hätte ich selbst gerne als Zuschauer gesehen, also sammelte ich Material dazu. Aber vor dem richtigen Start war ich schon nervös, gerade weil ich vorher nie in einem Gefängnis war. Kenntnis und Wissen darüber sind aber notwendig, um solch eine Geschichte glaubwürdig zu inszenieren.

Wie haben Sie das gelöst?

Ich habe selbst sehr viel recherchiert, auch direkt vor Ort im Gefängnis. Ich habe mit Menschen gesprochen, die an dieser Geschichte beteiligt waren. Allerdings nicht mit der echten Tilly Mitchell, die den Häftlingen zum Ausbruch verhalf. Aber mit David Sweat, einem der Ausbrecher, haben wir uns viele Stunden unterhalten und auch mit den Gefängnisaufsehern. Und das hat mir wirklich das Zutrauen gegeben, dass ich diese Geschichte umsetzen könnte.

Die Serie

„Escape at Dannemora“, ab 19.12., 20.15 Uhr, Sky Atlantic HD

Gefängnisfilme sind oft mit bestimmten Klischees behaftet …

Das wollten wir vermeiden, und auch aus diesem Grund haben wir intensiv recherchiert. In der Winterzeit, mitten in den Bergen und komplett isoliert, war das Gefängnis ein eindrucksvoller Ort, viel größer als die dazugehörige Gemeinde. Die Strafanstalt ist über 100 Jahre alt, 80 Prozent der Gefangenen dort sind Afro- oder Ibero-Amerikaner, 99 Prozent der Wärter dagegen sind Weiße, die teilweise seit Generationen dort beschäftigt sind. Speziell in einem Gefängnisumfeld ist alles so bedrückend. Egal was du getan hast, du willst einfach nur noch so schnell wie möglich weg von dort. Letztlich zeigen wir ein größeres Bild, das auch viel über das Gefängnissystem in den USA aussagt.

Haben Sie keine Bedenken, die Ausbrecher zu glorifizieren?

Das ist eine Gratwanderung. Wenn du ein Ausbruchsdrama erzählst, und das Publikum kann sich mit den Protagonisten nicht identifizieren, dann wird es schwer. Es geht ja um richtige Kriminelle, die schwere Straftaten begangen, die Menschen getötet haben. Wir mussten versuchen, sie so realistisch wie möglich zu porträtieren. Es war wichtig, den Zuschauern zu zeigen, wer sie wirklich waren. Richard Matt war ein kaltblütiger Killer, David Sweat ein Mörder. Solche Leute sollten nicht frei rumlaufen.

Im Interview: Ben Stiller

53, ist US-amerikanischer Schauspieler, Comedian, Drehbuchautor, Filmregisseur und Filmproduzent.

Warum haben Sie nicht selbst mitgespielt?

Ich bin froh, dass ich nicht als Schauspieler mitwirken musste. Ich liebe meinen Job als Darsteller, aber diesmal wollte ich Regisseur sein, ganz ausschließlich. Ohne dass ich parallel noch einen anderen Job zu tun hatte. Man kann nicht an zwei Plätzen zugleich sein, was manchmal frustrierend ist. Ich selbst habe bei „Escape at Dannemora“ noch einmal viel dazu gelernt.

Haben Sie so etwas wie ein Vorbild, wenn es um das Regieführen geht?

Ich schätze Keith Gordon sehr, mit dem ich mich über „Escape at Dannemora“ ausgetauscht habe. Wir sind ungefähr im gleichen Alter, haben einen ähnlichen Werdegang. Und Steven Spielberg war schon immer ein großes Vorbild für mich. Er ist ein Genie.

Sie und andere Hollywoodgrößen konzentrieren sich immer mehr aufs TV. Ist Fernsehen das neue Kino?

In den 70er-Jahren, in meiner Jugend, hatte man die Möglichkeit, im Mainstream-Kino oft vielschichtige, kompliziertere Geschichten zu sehen. Das ist heute kaum noch möglich. Die Filme laufen nur einige Wochen und müssen in dieser Zeit ihr Geld einspielen. Oft sind es Fortsetzungen von bereits erfolgreich gelaufenen Blockbustern. Dagegen gibt es heute immer mehr Fernsehanbieter. Und sie stehen mehr denn je im Wettbewerb um gute und einzigartige Inhalte. Das bringt mehr Möglichkeiten. Wir haben jetzt Showtime, Netflix und andere Anbieter. Ich freue mich darüber, denn für Filmemacher sind das traumhafte Voraussetzungen. Und in einer Serie kann man viel mehr erzählen, unterschiedliche Ebenen beleuchten, man hat zehn Stunden anstatt anderthalb. Das ist reizvoll.

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