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Bekanntgabe von Subventionsempfängern in NRWBauerngeld für deutschen Adel

NRW veröffentlicht als erstes Bundesland Agrarsubventions-Empfänger. Weil vor allem Großbetriebe profitieren, denkt die EU über eine gerechtere Verteilung nach.

Der Molkereigigant Campina kassierte 2002 allein 12,8 Millionen Euro als Zuschuss für Milch. Bild: dpa

Achtung, dieser Artikel ist eine Sauerei. So sehen es Agrarlobbyisten. Sie wehren sich dagegen, dass jeder erfährt, wer die milliardenschweren EU-Agrarsubventionen bekommt. Bisher war das streng geheim, doch jetzt kommt raus, dass etwa der Adel enorm profitiert.

MILLIARDEN-DÜNGER

Der EU-Agrarhaushalt macht gut die Hälfte des Budgets der Gemeinschaft aus. 52 Milliarden Euro sind das im Jahr. Auf der einen Seite subventioniert Brüssel damit zum Beispiel den Anbau von Wein, auf der anderen Seite die Verarbeitung des überschüssigen Weins zu Alkohol für die Industrie. Gefördert werden auch Whiskeybrennereien in Großbritannien oder Lachsfarmen in Schweden. Nach Deutschland fließen jedes Jahr 6,5 Milliarden Euro.

"Mecklenburg-Vorpommern ist gerade dabei, die Zahlen aufzubereiten", sagt Agrarministeriums-Sprecher Kay Schmekel. Genau wie Brandenburg auch. Besonders interessant aber: Nordrhein-Westfalen hat bereits eine Liste vorgelegt. Und die zeigt - Geld kommt zu Geld.

Zum Beispiel der Molkereigigant Campina (Mark Brandenburg, Südmilch, Tuffi): Er kassierte seit 2002 allein 12,8 Millionen Euro als Zuschuss für Milch, die an Schulen verkauft wird. Der Stromkonzern RWE strich derweil gut 2,1 Millionen Euro ein - für die Rekultivierung von Braunkohlerevieren. Und Matthias Graf von Westphalen bekam für seine Güter rund 3,2 Millionen Euro. Der Mann führt in Hamburg eine der größten Anwaltskanzleien Deutschlands.

"Äußerst ärgerliche Veröffentlichung", ließen Friedhelm Decker und Franz-Josef Möllers am Donnerstag per Pressemitteilung wissen. Der eine ist Präsident des Rheinischen, der andere des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes. Sie sehen eine "Neiddebatte", die nur eines zum Zweck habe: die Zahlungen "zu Fall" zu bringen.

Darum gehe es nicht, sagt Marita Wiggerthale von der Entwicklungsorganisation Oxfam. Die europäische Agrarpolitik müsse aber "enorm" umgebaut werden. Sie unterstellt den anderen Lobbyisten, eng mit der Agrarindustrie verbandelt zu sein. "Wer an der traditionellen Verteilung festhalten will, fördert die Großen. Für die Kleinen bleibt nicht viel übrig", sagt Wiggerthale. Sie hat die "Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen" mit ins Leben gerufen und freut sich, dass Behörden offener werden.

Aus eigenem Antrieb machen sie das allerdings nicht. Geholfen hat Wiggerthale eine dänische Journalistin, die die Veröffentlichung der nordrhein-westfälischen Daten eingeklagt hatte. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht urteilte, dass die Geheimniskrämerei der Behörden nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes nicht zulässig sei. Nur die Namen der Privatpersonen, die von den Brüsseler Agrarmilliarden profitieren, dürften aus Datenschutzgründen fehlen. Genossenschaften, Aktiengesellschaften oder GmbHs aber müssten genannt werden.

Wiggerthale und ihre Kollegen haben die NRW-Liste jetzt unter www.wer-profitiert.de ins Internet gestellt. Noch mehr prominente Überraschungen stehen drauf. So erhält der Chemiekonzern Bayer für Zuckerrüben und Getreide auf seinem Versuchsgut Laacher Hof im Jahr bis zu 97.400 Euro. Der Unilever-Konzern strich für die Tochter Iglo, bevor er sie im August 2006 verkaufte, über drei Jahre zusammen gut 700.000 Euro ein - für den Aufbau der "Spinat- und Kräuterverarbeitung". Und der größte Empfänger im letzten Jahr, die Bornheimer Obst- und Gemüsegenossenschaft Landgard, bekam 3,8 Millionen Euro.

Die neue Offenheit kommt spät. In Dänemark, Schweden oder Großbritannien sind die Subventionsempfänger längst bekannt. Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) aber kämpfte für Verschwiegenheit. Etwa mit diesem Satz: Er wolle nicht, dass "die Landwirte wöchentlich durch den Kakao gezogen werden als Subventionsempfänger". Vor den europäischen Kollegen konnte er seine Position jedoch nicht durchhalten. Vor kurzem entschieden die Agrarminister in Brüssel, dass die Profiteure EU-weit publik gemacht werden, allerdings erst ab 2009.

Wiggerthale will sich mit dieser langen Frist nicht zufrieden geben. Das sei "viel zu spät", findet sie. Denn schon am kommenden Dienstag stellt die EU-Kommission erste Vorschläge für eine Reform der Agrarpolitik vor. Die Kritiker der derzeitigen Subventionspolitik wollen schnell noch mehr Zahlen, um sich Gehör zu verschaffen.

"Die anderen Bundesländer müssen nachziehen", fordert Martin Hofstetter, Agrarexperte von Greenpeace. Er gehört wie Wiggerthale auch zur Transparenzinitiative. Die beiden Kollegen wollen nun peu à peu in jedem Land nachhaken, das wie Nordrhein-Westfalen ein Informationsfreiheitsgesetz hat. Dazu gehören Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, aber auch Schleswig-Holstein und das Saarland. Ebenso Hamburg, Bremen und Berlin. "Während jeder Hartz-IV-Empfänger seine Vermögensverhältnisse offen legen muss", so das Resümee von Martin Hofstetter, "wird die Verteilung von Milliarden Euro Agrarsubventionen wie ein Staatsgeheimnis behandelt."

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