Beiträge zur Krankenversicherung steigen: Die Kassen bitten zur Kasse
Ab Januar steigen die gesetzlichen Krankenkassenbeiträge auf breiter Front – mal moderat, mal erheblich. Der Arbeitgeberanteil bleibt unverändert.
Denn jede Kasse kann allein und nach ihrer Finanzlage entscheiden, um wie viel Prozentpunkte sie tatsächlich die Beiträge erhöht. Die Techniker Krankenkasse etwa teilte mit, dass ihre Beitragssätze von 15,4 auf 15,6 Prozentpunkte steigen werden; die DAK dagegen verlangt statt bisher 15,5 künftig 16,1 Prozentpunkte.
Je nach Versicherung schlägt der Beitragsanstieg bei einem Verdienst von 2.500 Euro dann mit 5 Euro (Techniker Krankenkasse, Barmer GEK) bis 25 Euro (DAK) pro Monat zu Buche. Wenn eine Kasse ihren Zusatzbeitrag erhöht, haben Versicherte jedoch ein Sonderkündigungsrecht und können unkompliziert zu einer günstigeren Versicherung wechseln.
Die Opposition und die Gewerkschaften protestieren lauthals. Der Grund: Die Erhöhungen gehen allein zu Lasten der Versicherten – in Form von Zusatzbeiträgen, die direkt vom Gehalt einbehalten werden. Der Anteil des Beitragssatzes, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils zur Hälfte bezahlen, ist dagegen gesetzlich festgeschrieben und liegt unverändert bei 14,6 Prozent. So hat es die Große Koalition zu Beginn ihrer Regierungszeit beschlossen. Alles, was darüber hinausgeht, müssen die Arbeitnehmer seither alleine schultern.
Weil erwartet wird, dass die Beiträge 2017 erneut steigen werden, fordern Grüne, Linkspartei und DGB, aber inzwischen auch die regierenden Sozialdemokraten, die Arbeitgeber aus Gerechtigkeitsgründen, Koalitionsvertrag hin oder her, wieder stärker an den Gesundheitskosten zu beteiligen.
„Es ist ungerecht, dass die Kassensteigerungen allein von den Arbeitnehmern getragen werden“, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am ersten Weihnachtsfeiertag. Eilig mit einer Änderung hat es Barley aber offenbar nicht. „Wir werden sehen, ob wir das noch in der Großen Koalition thematisieren – aber spätestens in unserem Wahlprogramm werden wir dieses Vorhaben für die nächste Legislaturperiode aufgreifen“, sagte sie.
Sparen zulasten der Versicherten
Die Union lehnte eine Rückkehr zur Parität ab. Eine Beteiligung der Arbeitgeber an den Zusatzbeiträgen würde „den Druck senken, die Kasse zu wechseln“, sagte der Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Georg Nüßlein (CDU). Gleichwohl hat die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) unlängst angekündigt, Ende Januar eine Bundesratsinitiative zur Wiederherstellung der Parität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu starten.
Die ungleiche Lastenverteilung ist nicht der einzige Punkt, der als ungerecht kritisiert wird. Die aktuelle Finanzierungslücke im Gesundheitsfonds, die viele Kassen jetzt zur Beitragserhöhung zwingt – allein im ersten Halbjahr 2015 erwirtschafteten alle Kassenarten ein Defizit von einer halben Milliarde Euro –, wäre weitaus kleiner, hätte die Regierung zuvor nicht zulasten der Beitragszahler gespart.
Die Steuerzuschüsse an den Fonds für versicherungsfremde Leistungen, wie etwa die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder, wurden zuletzt mal eben um einen satten Milliardenbetrag gekürzt. Auch das müssen nun die Versicherten mit höheren Beitragssätzen ausgleichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Diskussion um US-Raketen
Entscheidung mit kleiner Reichweite