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Beim Testspiel Werder-Lazio droht GewaltIm Visier der Nazi-Hools

Rechte Hools mobilisieren für August nach Bremen: zum Testspiel von Werder gegen Lazio Rom. Ein Fanforscher rät, den Aufruf ernstzunehmen.

Erkennbar gewaltbereit: Fans des SS Lazio tragen hellblaue Schals Foto: Angelo Carconi/dpa

BREMEN taz | Eigentlich hätte man schon bei der Ankündigung über das Fußball-Testspiel von Werder aufhorchen können: Am 6. August kommt der italienische Fußball-Club Lazio Rom nach Bremen. Nach Europameisterschaft und vor Beginn der Bundesliga soll das Fußballevent wohl eine Abwechslung in der Sommerpause sein.

Doch der Verein „Lazio Rom“ steht auch für eine Fan-Szene, die seit Jahren von neonazistischen Gruppen dominiert wird. Zwar scheinen aus Rom bislang keine Fans anzureisen – doch gibt es Hinweise, dass für das Spiel im August rechtsextremistische Hooligans aus Ostdeutschland nach Bremen mobilisieren.

Fans des Berliner Vereins BFC Dynamo sowie von LOK Leipzig rufen dazu auf, zum Spiel von Lazio Rom nach Bremen zu kommen – mit eindeutiger Botschaft: „Fuck Valentin, Fuck Antifa“ heißt es auf einem Mobilisierungs-Bild auf Facebook. „Alle hin und die Zecken klatschen“, kommentiert ein Nutzer.

Karten seien im Gästeblock nicht verfügbar, daher sollte man sich Tickets für bestimmte neutrale Sektoren kaufen. „Am Spieltag wird die Polizei uns dann eh wahrscheinlich in einen anderen Block unterbringen“, heißt es in einem Post. Als Treffpunkt außerhalb des Stadions ist der Hauptbahnhof genannt. Nur eine leere Drohung im sozialen Netz?

„Legion Germania“

Der Hannoveraner Fanforscher Robert Claus erklärte der taz: „Es spricht alles dafür, den Aufruf sehr ernstzunehmen.“ Er arbeitet für die Kompetenzgruppe Fankulturen & Sportbezogene Soziale Arbeit (Kofas), mit einem Schwerpunkt auf Rechtsextremismus, Hooliganismus und Gewaltprävention. Die Anfahrt aus Berlin und Leipzig sei nicht weit und die Begegnung Lazio gegen Werder ein spannendes Spiel. Zudem sei Bremen für eine lange Tradition rechtsextremer Hooligans bekannt.

Laut Claus gebe es auf Ebene der Hooligans bereits seit vielen Jahren eine Fan-Freundschaft zwischen dem BFC Dynamo, LOK Leipzig und den rechten Hooligans der Gruppe „Irriducibili“ von Lazio Rom. Sie ist eher in der älteren Generation von Hooligans zu verorten. Es sei eine gewachsene Verbindung, kein spontaner Zusammenschluss. „Das Fan-Netzwerk firmiert unter dem Namen ‚Legion Germania‘ und ist eindeutig rechtsextrem eingestellt.“

Es ist zu befürchten, dass sich die rechtsextremen Bremer Hooligans mit den anderen rechten Hooligans gegen linke Fans zusammenschließen

Robert Claus, Fanforscher

Auch in ihrem Aufruf machen die Hooligans klar, dass es ihnen nicht nur um Fußball geht: Sie beziehen sich auf den linken Ultra Valentin S., der Ende Juni nach zehnmonatiger Untersuchungshaft vor dem Landgericht Bremen wegen diverser Körperverletzungsdelikte zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Der Prozess gegen ihn hatte auch den Konflikt zwischen den überwiegend linken Bremer Ultras und den rechten Bremer Hooligans weiter angeheizt.

Es gab eine breite, auch internationale Solidaritäts-Kampagne für Valentin S., aber unter anderem unter dem Stichwort „Fuck Valentin“ auch eine Gegenbewegung von neonazistischer Seite. Daran scheint der Aufruf des rechten Hooligan-Netzwerks nun anzuschließen.

Auch Werder Bremen ist alarmiert

Zuletzt habe die „Legion Germania“ im März dazu aufgerufen, nach Prag zu fahren, als Lazio Rom dort spielte, so Fanforscher Claus. 2014 machte die Gruppe bei einem Spiel gegen Hannover 96 Schlagzeilen: Laut der Gruppe „96-Fans gegen Rassismus“ haben die Hooligans „massive antisemitische Hetzparolen“ gerufen.

Die „Legion Germania“ selbst sei in der Vergangenheit mit bis zu 50 Leuten aufgetreten, so Claus. Bei Spielen des BFC Dynamo habe ein Großteil der Zuschauer Gewalterfahrung, das Gewaltpotential von Fans von LOK Leipzig sei „sehr hoch“. Wie viele rechtsextreme Hooligans aus Leipzig und Berlin einem solchen Aufruf folgen, könne man laut Claus nicht mit Sicherheit sagen. Aber: „Es ist zu befürchten, dass sich die rechtsextremen Bremer Hooligans mit den anderen rechten Hooligans der „Legion Germania“ gegen linke Fans zusammenschließen.“

Von Seiten Werder Bremens hieß es, auch beim Verein sei angekommen, dass es den Aufruf gibt. Man stehe „mit den relevanten Stellen in Kontakt“, sagte Werder-Sprecher Michael Rudolph. Mit Lazio Rom komme ein Erstligist aus Italien nach Bremen. „Es geht in erster Linie um ein gutes Testspiel und ein sportlich spannendes Ereignis“, so Rudolph. Testspiele würden extern vermittelt und die Begegnung mit Lazio Rom habe gut gepasst.

Bei der Polizei Bremen wird die Angelegenheit noch geprüft. Drei Wochen vor dem Spiel sei eine seriöse Prognose noch nicht möglich. Nach derzeitigem Stand kämen aus Rom keine Fans, sagte ein Polizeisprecher. Auch bei der „Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze“, die in Nordrhein-Westfalen die Zusammenarbeit der Polizeibehörden auch international koordiniert, gibt es noch keine konkreten Hinweise dafür, dass gewaltbereite Fans aus Rom oder deutschen Städten nach Bremen reisen. „Dafür ist es noch etwas früh“, erklärte ein Polizeisprecher.

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