Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad: Drastische Mittel für Klimaziel nötig
Kohleausstieg bis 2025, 100 Prozent Ökoenergie bis 2035 – das bedeutet das Klimaziel des Pariser Gipfels für Deutschland konkret.
Das aber ist eine der Folgerungen aus einer Kurzstudie, die das „NewClimate Institute“ im Auftrag von Greenpeace erstellt hat. Die Experten haben die zentrale Übereinkunft des UN-Klimagipfels von Paris aus dem Dezember 2015 einfach mal für bare Münze genommen und durchgerechnet.
Demnach soll der globale Temperaturanstieg bis 2100 „gut unter 2 Grad Celsius“ gehalten werden, angepeilt werden 1,5 Grad. Immerhin sind bereits etwa 1 Grad Erwärmung erreicht, und schon die 2-Grad-Grenze gilt international als ehrgeizig. 1,5 Grad sind so schwer zu erreichen, dass es bisher dazu kaum Studien gibt.
Die Untersuchung des renommierten NewClimate Institute zeigt, dass dafür in Deutschland drastische und sofortige Einschnitte bei den Treibhausgasemissionen nötig sind. Sie werden noch einmal heftiger, wenn die umstrittene CCS-Technik ausgeschlossen wird, mit der Treibhausgase gespeichert werden sollen. CCS erscheint bisher weder technisch noch wirtschaftlich machbar. Die 1,5 Grad werden demnach nur erreicht, wenn bis 2035 weltweit alle CO2-Emissionen aus Kraftwerken, Fabriken und Autos, aber auch aus Landwirtschaft und Abholzung aufhören, in den Industrieländern schon früher.
Ökostrom, ÖPNV, Fahrrad
Für Deutschland bedeutet das: 100 Prozent erneuerbare Energie bis 2035 und „Ausstieg aus der Braun- und Steinkohle zur Stromerzeugung bis etwa 2025“. Der Autoverkehr müsse pro Jahrzehnt um etwa 10 Prozent abnehmen und auf öffentlichen Verkehr und Fahrräder verlagert werden.
Alle Gebäude müssten bis 2035 saniert und wärmegedämmt werden, das Tempo dieser Sanierung müsse sich verfünffachen. Energie müsse wesentlich effizienter eingesetzt, die Forschung dazu ausgebaut und viele Prozesse, die jetzt noch Kohle, Gas und Öl bräuchten, auf Ökostrom umgestellt werden. Auch die Land- und Forstwirtschaft dürfe bald keine Treibhausgase mehr ausstoßen.
Große Ziele, „aber nicht unmöglich“, sagte Niklas Höhne von NewClimate. Auch der Ausbau der Erneuerbaren sei deutlich schneller gegangen als geplant. So ganz wohl ist Greenpeace nicht bei diesen Herausforderungen. Die Studie sei „eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme“, sagte Böhling. „Greenpeace leitet daraus heute noch keine neuen Forderungen ab.“ Historisch werde der Pariser Vertrag aber, wenn er umgesetzt werde.
Für die klimapolitische Sprecherin der grünen Fraktion Annalena Baerbock sind „2-Grad-Szenarien Schnee von gestern“. Die Klimaschutzziele der Bundesregierung müssten sich deutlich niedriger orientieren. Derzeit beginnt im Bundesumweltministerium die Arbeit am neuen Klimaschutzplan, der im Sommer im Kabinett verabschiedet werden soll. Er soll festlegen, wie der Pariser Vertrag umzusetzen ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr